Prüfen der Kurzschlussfestigkeit von Kabeln und Leitungen
Im Allgemeinen ist eine Prüfung der thermischen Festigkeit einer Leitung nicht erforderlich, abgesehen von Leitungen mit kleinem Querschnitt, die in der Nähe einer Hauptverteilung errichtet und durch diese direkt gespeist werden.
Thermische Festigkeit
Bei kurzer Kurzschlussstromdauer (einige Zehntelsekunden bis maximal fünf Sekun-den) wird angenommen, dass die gesamte erzeugte Wärme im Leiter bleibt, so dass die Leitertemperatur steigt. Der Erwärmungsvorgang gilt als adiabatisch, da diese Annahme die Berechnung vereinfacht und zu einem unvorteilhaften Ergebnis führt, d.h. zu einer höheren Leitertemperatur, als tatsächlich auftreten würde, da in der Praxis ein Teil der Wärme nicht im Leiter bleibt, sondern in die Isolierung übergeht.
Für eine Dauer von bis zu 5 s gibt die Gleichung I2t = k2S2 die Zeit in s an, während der ein Leiter mit einem Querschnitt S (in mm2) einen Strom I führen kann, bevor seine Temperatur einen Wert erreicht, der zu einer Beschädigung der umgebenden Isolierung führen würde.
Der Faktor k2 wird in Abbildung G51 unten angegeben.
Die Prüfmethode besteht darin zu kontrollieren, dass die thermische Energie I2t pro Ohm des Leiterwerkstoffs, die durch die Schutzeinrichtung fließen darf (in Hersteller-katalogen angegeben), geringer ist als die für die betreffenden Leiter zulässige Energie (wie in Abbildung G52 unten angegeben).
Beispiel
Wird eine Kupferleitung mit XLPE-Isolierung und einem Querschnitt von 4 mm2 durch einen Leistungsschalter IC60N angemessen geschützt?
Abbildung G52 gibt einen I2t-Wert für die Leitung von 0,3272 x 106 A2s an, wobei der maximale „Durchlasswert” des Leistungsschalters gemäß Herstellerkatalog wesent-lich kleiner ist (< 0,1 x 106 A2s).
Die Leitung wird daher durch den Leistungsschalter bis zum Bemessungsausschalt-vermögen angemessen geschützt.
Elektrodynamische Beanspruchungen
Für alle Arten von Stromkreisen (Kabel, Leitungen oder Schienenverteiler) müssen die elektrodynamischen Belastungen berücksichtigt werden. Um den elektrodynamischen Belastungen standzuhalten, müssen die Leiter in den für die Installationsart vorgeschriebenen Abständen befestigt und die Anschlüsse an den Schaltgeräten mit den vorgeschriebenen Drehmomenten angezogen werden.
Bei Schienenverteilersystemen, Sammelschienen usw. muss ebenso geprüft wer-den, ob die elektrodynamische Festigkeit für den im Fehlerfall maximal zu erwarten-den Kurzschlussstrom ausreichend ist. Der durch den Leistungsschalter oder die Sicherung begrenzte Durchlasswert muss kleiner als der Bemessungswert des zu schützenden Betriebsmittels sein. Koordinationstabellen zur Gewährleistung eines angemessenen Schutzes der Betriebsmittel werden im Allgemeinen von den Her-stellern der Schutzeinrichtungen veröffentlicht und stellen einen wichtigen Vorteil solcher Schutzsysteme dar.