Dimensionierung des Neutralleiters: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Planungskompendium Energieverteilung
Hauptseite > Schutz von Stromkreisen > Der Neutralleiter > Dimensionierung des Neutralleiters
Wechseln zu:Navigation, Suche
K (1 Version: Imported pages Chapter G (auto cleanup))
(kein Unterschied)

Version vom 17. August 2017, 17:09 Uhr


Der Neutralleiter, soweit vorhanden, darf keinen kleineren Querschnitt als der Außenleiter haben,

  • in Wechselstromkreisen mit zwei Leitern mit beliebigem Außenleiterquerschnitt,
  • in Wechselstromkreisen mit drei Leitern und in mehrphasigen Wechselstromkreisen, wenn der Außenleiterquerschnitt kleiner oder gleich 16 mm2 für Kupfer oder 25 mm2 für Aluminium ist.

    Ist der Querschnitt des Neutralleiters mindestens gleichwertig zum Querschnitt der Außenleiter und ist zu erwarten, dass der Strom in Neutralleiter nicht den Wert in den Außenleitern übersteigt, ist weder eine Überstromerfassung im Neutralleiter noch eine Abschaltung für diesen Leiter gefordert.

    • Ist der Querschnitt des Neutralleiters geringer als der Querschnitt der Außenleiter, ist gefordert, eine dem Neutralleiterquerschnitt entsprechende Überstromerfassung im Neutralleiter vorzusehen. Diese Erfassung muss die Abschaltung der Außenleiter, jedoch nicht unbedingt die des Neutralleiters bewirken.
    • Der Neutralleiter ist gemäß den Ausführungen des folgenden Abschnittes G 7.2 gegen Kurzschluss geschützt.

TN-C-System Theoretisch gelten die gleichen Bedingungen wie oben beschrieben, praktisch darf der Neutralleiter jedoch unter keinen Umständen geschaltet/unterbrochen werden, da er sowohl den PE- als auch den Neutralleiter darstellt (siehe Abbildung G57, Spalte „Querschnitt des PEN-Leiters”).

IT-System Im Allgemeinen wird ein verteilter Neutralleiter nicht empfohlen, d.h. es sollte ein 3-Leiter-System ohne verteilten Neutralleiter bevorzugt werden. Ist ein 4-Leiter-System mit verteiltem Neutralleiter dennoch erforderlich, gelten die für TT- und TN-S-Systeme beschriebenen Bedingungen.


Auswirkungen von Oberschwingungsströmen

Auswirkungen der Oberschwingungen dritter Ordnung

Oberschwingungen werden durch die nichtlinearen Lasten der Anlage erzeugt (Computer, Leuchtstofflampen, Gleichrichter, elektronische Wechselrichter) und können große Neutralleiterströme zur Folge haben. Besonders die Oberschwingungen dritter Ordnung auf den Außenleitern werden im Neutralleiter nicht aufgehoben, so dass:

  • sich die Grundschwingungsströme um 2π/3 verschieben und deren Summe = 0 ist,
  • andererseits die Oberschwingungen dritter Ordnung auf den Außenleitern immer in Bezug auf deren Grundschwingung die gleiche Lage haben und phasengleich sind (siehe Abb. G62a).
Abb. G62a – Die Oberschwingungen 3. Ordnung sind phasengleich und summieren sich im Neutralleiter

Abb. G62b zeigt den Lastfaktor des Neutralleiters im Verhältnis zum Prozentsatz der Oberschwingung 3. Ordnung.

In der Praxis kann dieser maximale Lastfaktor √3 nie überschreiten.

Abb. G62b – Lastfaktor des Neutralleiters im Verhältnis zum Prozentsatz der Oberschwingungen 3. Ordnung

Reduktionsfaktoren für Oberschwingungsströme in vier- und fünfadrigen Leitungen mit vier stromführenden Leitern

Die grundlegende Berechnung einer Leitung betrifft nur Leitungen mit drei stromführenden Leitern, d.h. in denen der Neutralleiter keinen Strom führt. Aufgrund des Stromes der Oberschwingung 3. Ordnung fließt ein Strom durch den Neutralleiter. Dieser Neutralleiterstrom erzeugt eine Erwärmung des Neutralleiters und dadurch bedingt auch eine Erwärmung der drei aktiven Außenleiter. Aus diesem Grund ist die Anwendung eines Reduktionsfaktors für die Außenleiter erforderlich (siehe Abb. G63).

Werden die Reduktionsfaktoren auf die Strombelastbarkeit einer Leitung mit drei stromführenden Leitern angewendet, so ergibt sich die Strombelastbarkeit einer Leitung mit vier stromführenden Leitern, wobei der Strom im vierten Leiter durch die Oberschwingungsanteile entsteht. Die Erwärmung der Außenleiter durch den Oberschwingungsstrom ist in den Reduktionsfaktoren berücksichtigt.

  • Wird im Neutralleiter eine höhere Stromstärke als im Außenleiter erwartet, ist der Nennquerschnitt der Leitung auf Basis des Neutralleiterstromes zu bestimmen.
  • Basiert die Auswahl der Leitung auf einem Neutralleiterstrom, der den Außenleiterstrom nicht wesentlich übersteigt, ist es ebenso erforderlich, den für drei stromführende Leiter tabellierten Wert der Strombelastbarkeit zu reduzieren.
  • Beträgt der Neutralleiterstrom mehr als 135 % des Außenleiterstromes und wurde die Leitung auf der Basis des Neutralleiterstromes ausgewählt, werden die drei Außenleiter nicht voll belastet. Die Verringerung der Erwärmung durch die Außenleiter gleicht die Erwärmung durch den Neutralleiter so weit aus, dass es nicht erforderlich ist, den Wert der Strombelastbarkeit für drei stromführende Leiter mit einem Reduktionsfaktor zu verringern.
Oberschwingung 3. Ordg. Anteil am Phasenstrom (%) Reduktionsfaktor
Auswahl des Querschnittes nach dem Phasenstrom Auswahl des Querschnittes nach dem Neutralleiterstrom
0 -15 1,0 -
15 - 33 0,86 -
33 - 45 - 0,86
> 45 - 1,0

Abb. G63: Reduktionsfaktoren für Oberschwingungsströme in vier- und fünfadrigen Kabeln und Leitungen (gemäß IEC 60364-5-52 (VDE 0298-4 Tabelle B.1))

Beispiele

Angenommen wird ein 3-Phasen-Stromkreis mit einer Last von 37 A bei Verwendung einer vieradrigen PVC-isolierten Leitung, die an einer Wand nach Verlegeart C befestigt ist. Nach Abbildung G21 hat eine 6 mm2 -Leitung mit Kupferleitern eine Strombelastbarkeit von 40 A und ist damit geeignet, sofern in dem Stromkreis keine Oberschwingungen auftreten.

  • Wenn ein Anteil der Oberschwingung 3. Ordnung von 20 % auftritt, ist ein Reduktionsfaktor von 0,86 anzuwenden und die vorzusehende Last wird: 37/0,86 = 43 A. Für diese Last ist eine Leitung mit einem Querschnitt von 10 mm2 geeignet.
  • Wenn ein Anteil der Oberschwingung 3. Ordnung von 40 % auftritt, wird der Leitungsquerschnitt durch den Neutralleiterstrom bestimmt, welcher sich berechnet zu: 37 x 0,4 x 3 = 44,4 A. Mit dem anzuwendenden Reduktionsfaktor von 0,86 berechnet sich der vorzusehende Belastungsstrom zu: 44,4/0,86 = 51,6 A.

Für diese Last ist eine Leitung mit einem Querschnitt von 10 mm2 geeignet.

  • Wenn ein Anteil der Oberschwingung 3. Ordnung von 50 % auftritt, wird der Leitungsquerschnitt wieder durch den Neutralleiterstrom bestimmt, welcher sich berechnet zu: 37 x 0,5 x 3 = 55,5 A. In diesem Fall beträgt der Bemessungsfaktor 1 und eine Leitung mit einem Querschnitt von 16 mm2 ist geeignet.
Teilen