Kapitel F

Schutz gegen elektrischen Schlag und elektrische Brände


Schutz gegen Störlichtbögen in Kabeln und Verbindungen (AFDD)

Aus Planungskompendium Energieverteilung
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Den aktuell effektivsten elektr. Brandschutz stellt die neueste Generation an Schutzgeräten dar, die Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtung (AFDD), diese Schutzeinrichtung wird Normativ nach VDE 0100-420, in den folgenden Anlagen empfohlen:

  • Räumlichkeiten mit Schlafgelegenheiten
  • Räume oder Orte mit besonderem Brandrisiko
  • Feuergefährdete Betriebsstätten (nach Musterbauordnung (MBO):
  • Bauliche Anlagen, deren Nutzung durch Umgang mit oder Lagerung von Stoffen mit Explosions- oder erhöhter Brandgefahr verbunden ist
  • Räume oder Orte aus Bauteilen mit brennbaren Baustoffen, wenn diese einen geringeren Feuerwiderstand als feuerhemmend aufweisen
  • Räume oder Orte mit Gefährdungen für unersetzbare Güter.

Nach VDE 0100-420 muss jedoch auch zwingend eine Risikoanalyse für diese gefährdeten Bereiche durchgeführt werden.
Ein Beispiel für eine Risikoanalyse und weitere Informationen finden Sie z. B. beim ZVEH.
Mehr Informationen zu der neuen Schutzeinrichtung finden Sie in diesem Abschnitt.
Für alle anderen Bereiche stellt weiterhin ein RCD ≤ 300mA durch die Erkennung von Isolationsfehlern, einen effektiven Brandschutz dar, wie im Abschnitt Schutz vor Brand durch Erdschluss beschrieben.

Ursachen von Bränden auf Grund elektrischer Fehler

Brände auf Grund elektrischer Fehler werden durch Überlasten, Kurzschlüsse und Erdschlussströme, aber auch durch elektrische Lichtbögen in Kabeln und Anschlüssen verursacht.

Abb. F87 – Fehlerlichtbogen Entstehung

Bei einer Beschädigung des Kabels oder einer unsachgemäßen elektrischen Verbindung sind zwei Arten von Fehlern anzutreffen, die ein Feuer aufgrund eines entstehenden Lichtbogens auslösen können:

Serieller Fehlerlichtbogen

(siehe Abb. F88a + F89)

An einem beschädigten Leiter oder einer unsachgemäßen elektrischen Verbindung entsteht eine örtlich begrenzte Erhitzung, wodurch die Isoliermaterialien im Bereich des Leiters karbonisieren.

An einer karbonisierten Leitung oder Verbindung kann ein erhöhter Strom fließen.

An den karbonisierten Stellen kommt es durch den Stromfluss zu sporadisch auftretenden Fehlerlichtbögen. Sobald die Karbonisierung weiter voranschreitet, kann es zu einem stabilen Fehlerlichtbogen kommen und brennbare Materialien in der näheren Umgebung können sich entzünden.

Abb. F89 – Beispiel eines karbonisierten Anschlusses

Paralleler Fehlerlichtbogen

(siehe Abb. F88b + F90)

Bei einer Beschädigung der Isolierung zwischen zwei spannungsführenden Leitern kann zwischen den beiden Leitern ein erhöhter Strom fließen, der jedoch zu schwach ist, um von einem Leitungsschutzschalter als Kurzschluss erfasst zu werden (siehe Abb. F93), und der zudem von Fehlerstromschutzeinrichtungen nicht erkannt werden kann, da der Strom nicht zum Erdpotential fließt.

Diese Kriechströme optimieren beim Durchfluss durch die Isolation ihren Weg, indem sie Lichtbögen erzeugen, die die Isolierung allmählich karbonisieren.

Die so karbonisierte Isolierung verstärkt dann den Kriechstrom zwischen den beiden Leitern. Somit entsteht eine neue Kettenreaktion, welche die Höhe des Lichtbogenstroms und und die Karbonisierung so lange verstärkt, bis der Lichtbogen eine Flamme an der karbonisierten Stelle verursacht.

Abb. F90 – Darstellung eines parallelen Fehlerlichtbogens

In beiden genannten Fehlern wird durch den Fehlerlichtbogen die karbonisierte Stelle entzündet. Durch das Erkennen dieser Fehlerlichtbögen mittels einer Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtung (AFDD) kann ein größerer Schaden verhindert werden, indem diese den betroffenen Stromkreis abschaltet.

Fehlerursachen

Diese Art von Fehlern können in folgenden Situationen entstehen (siehe Abb. F91):

Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtungen > Brandschutzschalter (AFDD)

Mit Hilfe der Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtung iARC (siehe Abb. F92) können gefährliche Fehlerlichtbögen erkannt und der betroffene Stromkreis abgeschaltet werden. Der iARC hat nur die Funktion des AFDD und nicht eines integrierten Leitungsschutzschalter.

Wenn diese Kombination gefordert ist, dann kann man den iDPN N Arc einbauen der gleichzeitig als Kurzschluss- und Überlastschutz funktioniert + AFDD.

Abb. F92 – Beispiel einer Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtung (AFDD)

Solche Schutzgeräte wurden seit den frühen 2000ern erfolgreich in den Vereinigten Staaten entwickelt und ihr Einbau durch den National Electric Code gefordert.

Seit 2013 sind in der internationalen Norm IEC 62606 Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtungen (Arc Fault Detection Devices, AFDD) festgelegt, die das Auftreten von gefährlichen elektrischen Lichtbögen erkennen und den nachfolgenden Stromkreis unterbrechen, um das Entstehen einer Flamme zu verhindern.

Eine Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtung überwacht in Echtzeit eine Anzahl verschiedener elektrischer Parameter des von ihm geschützten Stromkreises, um Messwerte zu erhalten, die kennzeichnend für das Vorliegen von gefährlichen elektrischen Fehlerlichtbögen sind.

Beispielsweise ist eine Verzerrung des Stromsignals (sinusförmig) zum Zeitpunkt des Nulldurchgangs kennzeichnend, eine Abflachung der Amplituden-Höhe und eine Veränderung der Flankenbildung. (siehe Abb. F93).

Abb. F93 – Typische Schwingungsform vor und während eines Fehlerlichtbogens

Auslösekennlinie Leitungsschutzschalter

(siehe Abb. F94)

Abb. F94 – Auslösekennlinie

Diese gefährlichen elektrischen Fehlerlichtbögen werden weder von Fehlerstromschutzeinrichtungen noch von Leitungsschutzschaltern oder Sicherungen erkannt.

Abb. F95 – Prüflichtbogenstrom und maximale Unterbrechungszeit
Fehlerlichtbogen Type Prüflichtbogenstrom (RMS Werte) Maximale Unterbrechungszeit
Serieller Grenzwerte für die Unterbrechungszeit für
Un = 230 V AFDDs
2,5A 1s
5A 0,5s
10A 0,25s
16A 0,15s
32A 0,12s
63A 0,12s
Paralleler Höchstzahl der erlaubte Halbzyklen innerhalb von 0,5 s für Un 230 V und
Un = 120 V
75A 120ms
100A 100ms
150A 80ms
200A 80ms
300A 80ms
500A 80ms

Einsatz von Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtungen (AFDDs)

Fehlerlichtbogen-Schutzeinrichtungen (Arc Fault Detection Devices, AFDD) dienen dazu, das durch das Vorliegen von lichtbogenerzeugten Strömen verursachte Brandrisiko in den Endstromkreisen in der Installation einzuschränken.

Der Einsatz von Fehlerlichtbogen Schutzeinrichtungen AFDDs wird in der neuen IEC 60364-4-42 empfohlen.

Allgemein

Ende 2019 ist die Neufassung der DIN VDE 0100-420 in Kraft getreten. Kern der Änderungen ist der Abschnitt 421.7, welcher den Schutz vor Fehlerlichtbögen und den Einsatz von AFDDs (Arc Fault Detection Devices), auch bekannt als Fehler-lichtbogenschutz-Einrichtung oder Brandschutzschalter, behandelt. In der aktualisierten Ausgabe wird eine individuelle Risiko- und Sicherheitsbewertung für bestimmte Orte und Räumlichkeiten gefordert. Liegen demnach besondere Risiken vor, sind bauliche, organisatorische oder anlagentechnische Maßnahmen empfohlen, um die Brandgefahr durch einen Fehlerlichtbogen zu minimieren. AFDDs gelten hierbei als geeignete anlagentechnische Maßnahme.

Anwendungsbereiche

Die Risiko- und Sicherheitsbewertung ist in der Planungsphase für folgende Gebäude und Bereiche verpflichtend:

  • Räumlichkeiten mit Schlafgelegenheiten
  • Räume oder Orte mit besonderem Brandrisiko
  • Feuergefährdete Betriebsstätten (nach Musterbauordnung (MBO):
  • Bauliche Anlagen, deren Nutzung durch Umgang mit oder Lagerung von Stoffen mit Explosions- oder erhöhter Brandgefahr verbunden ist
  • Räume oder Orte aus Bauteilen mit brennbaren Baustoffen, wenn diese einen geringeren Feuerwiderstand als feuerhemmend aufweisen
  • Räume oder Orte mit Gefährdungen für unersetzbare Güter.

Durchführung und Dokumentation

Umfang und Aufwand der Risiko- und Sicherheitsbewertung sind abhängig von den getroffenen Maßnahmen. Werden keine baulichen, organisatorischen oder anlagentechnischen Maßnahmen im ersten Schritt geplant und ergriffen, muss eine detaillierte Risikobewertung angefertigt und schriftlich dokumentiert werden, dass keine besonderen Risiken vorliegen. Der ZVEH empfiehlt hierfür die Methoden der DIN EN 31010:2010-11; VDE 0050-1:2010-11 (Risikomanagement – Verfahren zur Risikobeurteilung). Verantwortlich für die Risiko- und Sicherheitsbewertung, den daraus abgeleiteten Maßnahmen sowie die Sicherheit der installierten Anlage ist der Elektroplaner oder Errichter der elektrischen Anlage.

Vereinfachte Risiko- und Sicherheitsbewertung mit AFDDs

Mit dem Einbau eines AFDDs sind die Schutzziele nach DIN VDE 0100-420 erfüllt und die anerkannten Regeln der Technik eingehalten. Die Dokumentation der Risiko- und Sicherheitsbewertung kann folglich entfallen beziehungsweise vereinfacht dargestellt werden.

Detaillierte Informationen

Anwendungsbeispiele, Praxishilfen, ein Leitfaden zur Risiko- und Sicherheitsbewertung sowie weitere Dokumente stehen auch auf der Webseite des ZVEH zur Verfügung.

Hinweise zu Prüf- und Wartungsarbeiten bei dem Einsatz von AFDDs.

Gibt es Messgeräte mit denen man einen AFDD regelmäßig prüfen kann?

Nein, aktuell gibt es keine Messgeräte die einen AFDD auf seine Funktion hin testen können. Die einzige Möglichkeit, wie der AFDD getestet werden kann, ist der Selbsttest an dem Gerät selber.

Wird es einen Gruppen-AFDD geben, so in der Art eines Gruppen RCD?

Nein, den gibt es aktuell nicht, weil hier die physikalischen und messtechnichen Grenzen erreicht werden. Es könnte ansonsten zu häufigen Fehlauslösungen kommen.

Was muss man bei einer Isolationsmessung beachten?

Es müssen die Herstellerangaben geprüft werden, bevor eine Isolationsprüfung durchgeführt wird.

Gibt es eine Wartungs- und Prüfempfehlung bzw. Vorgabe, vergleichbar mit dem RCD (FI-Schalter)?

Nach heutigem Stand gibt es keine Vorgaben aus Normen und Vorschriften, zu einer solchen Wartungs- und Prüfempfehlung
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