Kapitel F

Schutz gegen elektrischen Schlag und elektrische Brände


IT- Weitere Aspekte zum Schutz gegen indirektes Berühren

Aus Planungskompendium Energieverteilung
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Auftreten eines ersten Fehlers

Im IT-System soll der erste Fehler gegenüber Erde nicht zu einer Abschaltung führen.

Der Fehlerstrom bei Auftreten nur eines Körper- oder Erdschlusses ist niedrig und eine Abschaltung nicht gefordert, wenn die Bedingung Id x RA ≤ 50 V (s. Abschnitt „Automatische Abschaltung in TT-Systemen") erfüllt ist und keine gefährlichen Fehlerspannungen auftreten können. Unter diesen Bedingungen ist der Strom Id so klein, dass er weder für das Personal noch für die Anlage eine Gefahr darstellt.

Es müssen jedoch Maßnahmen getroffen werden, um bei Auftreten eines zweiten Fehlers das Risiko gefährlicher physiologischer Einwirkungen auf Personen, die in Verbindung mit gleichzeitig berührbaren leitfähigen Teilen stehen, zu vermeiden.

Dennoch erfordert dieses System:

  • eine Einrichtung zur kontinuierlichen Überwachung des Isolationswiderstandes gegen Erde gem. IEC 60364-4-41 (VDE 0100-410). Sie muss bei Auftreten eines ersten Fehlers eine Meldung (akustisch und/oder visuell usw.) auslösen (siehe Abb. F16),
  • zwingend die schnelle Beseitigung eines ersten Fehlers, damit die Vorteile des IT-Systems vollständig genutzt werden können. Die Betriebskontinuität ist der Hauptvorteil des IT-Systems.
Abb. F16 – Isolationsüberwachungs-einrichtung zwischen Außenleiter und Erde: im IT-System vorgeschrieben

In einem System, in dem neue Kabel/Leitungen/Leiter verwendet werden, ergibt sich z.B. bei einer Länge von 1 km ein Ableitstrom (kapazitiv) gegen Erde von ca. 3500 Ω pro aktiven Außenleiter. Im Normalbetrieb beträgt der kapazitive Strom[1] zur Erde daher:

[math]\displaystyle{ \frac{U_o}{Z_f}= \frac{230}{3500}=66\ mA }[/math] pro Außenleiter.

Während eines Fehlers zwischen Außenleiter und Schutzleiter/Erde (s. Abb. F17) entspricht der Strom durch den Widerstand des Erdungsanschlusses RnA der Vektorsumme der kapazitiven Ströme in den fehlerfreien Außenleitern. Die Spannungen der fehlerfreien Außenleiter haben sich (aufgrund des Fehlers) auf die verkettete Spannung ([math]\displaystyle{ \sqrt 3 }[/math] der normalen Spannung gegen Erde) erhöht, so dass sich die kapazitiven Ströme um denselben Wert erhöhen. Diese Ströme sind um 60° verschoben, so dass deren Vektorsumme (in diesem Beispiel) einen Wert von:

3 x 66 mA = 198 mA ergibt.

Die Berührungsspannung UB entspricht daher 198 x 5 x 10-3 = 0,99 V und ist somit ungefährlich.

Der durch den Körperschluss/Erdschluss verursachte Strom entspricht der Vektorsumme des Stromes Id1 (=153 mA) und des kapazitiven Stromes Id2(198 mA).

Da die berührbaren leitfähigen Teile der Anlage über Schutzleiter direkt geerdet sind, spielt die Impedanz Zct bei der Erzeugung von Berührungsspannungen gegen Erde praktisch keine Rolle.

Abb. F17 – Weg des Fehlerstromes bei einem ersten Fehler im IT-System

Auftreten eines zweiten Fehlers

Das gleichzeitige Auftreten zweier Körperschlüsse/Erdschlüsse (an unterschiedlichen aktiven Leitern) ist gefährlich und die schnelle Abschaltung der Stromversorgung durch Sicherungen oder Leistungsschalter hängt von der Verbindung der Körper mit Erde (einzeln, in Gruppen oder gemeinsame Erdung) ab.

Tritt ein zweiter Fehler in einem anderen Außenleiter oder in einem Neutralleiter auf, ist eine Abschaltung der Stromversorgung innerhalb der festgelegten Zeiten zwingend notwendig. Die Fehlerbeseitigung wird in den folgenden Fällen unterschiedlich durchgeführt:

1. Fall

Betrifft eine Anlage, in der alle Körper gemeinsam mit einem geerdeten Schutzleiter (PE-Leiter) verbunden sind (siehe Abbildung F18).

In diesem Fall führt der Weg des Fehlerstromes nicht über die Erde, so dass ein relativ hoher Fehlerstrom auftritt und herkömmliche Überstromschutzeinrichtungen verwendet werden können, d.h. Leistungsschalter, Leitungsschutzschalter und Sicherungen.

Der erste Fehler könnte an einem Stromkreisende in einem entfernten Anlagenteil auftreten, während der zweite Fehler am entgegengesetzten Anlagenteil auftreten könnte.

Aus diesem Grund wird zur Berechnung des zu erwartenden Fehlerstromes die ermittelte Schleifenimpedanz eines Stromkreises verdoppelt.

Enthält das System zusätzlich zu den 3 Außenleitern einen Neutralleiter, treten niedrigere Kurzschluss-/Fehlerströme auf, wenn einer der (zwei) Fehler zwischen dem Neutralleiter und Erde auftritt (alle vier Leiter sind in einem IT-System von Erde isoliert). In Vierleiter-IT-Systemen muss daher die Spannung zwischen Außenleiter und Neutralleiter zur Berechnung der Kurzschlussströme verwendet werden, d.h. [math]\displaystyle{ 0,8\frac{U_o}{2Z_c}\ge I_a }[/math][2]

wobei gilt:

Uo = Nennwechselspannung zwischen Außenleiter und Neutralleiter
ZS = Impedanz der Fehlerstromschleife (siehe Kapitel F, Beispiel)
Ia = Auslösestromwert

Bei nichtverteiltem Neutralleiter ist die zur Fehlerstromberechnung zu verwendende Spannung die Spannung zwischen den Außenleitern, d.h. [math]\displaystyle{ 0,8\frac{\sqrt{3}U_o}{2Z_c}\ge I_a }[/math][2]

wobei gilt:

Uo = Nennwechselspannung zwischen Außenleiter und Neutralleiter
ZS = Impedanz der Fehlerstromschleife (siehe Kapitel F, Beispiel)
Ia = Auslösestromwert

Anmerkung

  1. ^ Der Ohmsche Fehlerstrom gegen Erde durch die nicht unendlich hochohmige Isolierung der Leiter wird in diesem Beispiel als vernachlässigbar betrachtet.
  2. ^ 1 2 Auf Grundlage der „konventionellen Methode”, die im ersten Beispiel im Abschnitt 3.3 erwähnt wird.
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