Kapitel F

Schutz gegen elektrischen Schlag und elektrische Brände


Schutz bei indirektem Berühren im TN System

Aus Planungskompendium Energieverteilung
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Es werden im Allgemeinen drei Berechnungs-methoden verwendet:

  • die Impedanzenmethode auf Grundlage der trigonometrischen Addition der Widerstände und Induktivitäten des Systems,
  • die Zusammensetzungsmethode,
  • die konventionelle Methode auf Grundlage eines angenommenen Spannungsfalls und der Verwendung entsprechender Tabellen.

Methoden zur Bestimmung von Kurzschlussstromwerten

In TN-Systemen hat ein Fehler gegen Erde grundsätzlich immer einen Strom zur Folge, dessen Stärke fast immer zur Auslösung einer Überstromschutzeinrichtung führt.

Die Quellen- und Versorgungsnetzimpedanzen sind viel niedriger, als die der An-lagenstromkreise, so dass die Fehlerströme gegen Erde hauptsächlich durch die Anlagenleiter begrenzt werden (lange flexible Geräteleitungen erhöhen die Fehler-schleifenimpedanz stark und reduzieren entsprechend den Kurzschlussstrom).

Die neuesten IEC-Empfehlungen zum Schutz gegen indirektes Berühren in TN-Systemen beziehen sich auf die maximal zulässigen Auslösezeiten im Verhältnis zur System-Nennspannung (siehe Abbildung F12 in Abschnitt 3.3).

Hintergrund dieser Empfehlungen ist die Tatsache, dass der notwendige Strom zur Potentialerhöhung eines berührbaren leitfähigen Teils auf 50 V oder mehr in TN-Systemen so hoch ist, dass eine der folgenden Möglichkeiten eintritt:

  • entweder der Fehler wird praktisch unverzögert von selbst behoben
  • oder der Leiter beinhaltet einen Dauerfehler und liefert einen für die Auslösung der Überstromschutzeinrichtungen ausreichenden Stromwert.

Um in letzterem Fall die fehlerfreie Funktion von Überstromschutzgeräten sicherzustellen, müssen die Erdschlussstromwerte in der Planungsphase eines Projektes entsprechend genau eingeschätzt und festgelegt werden.

Für eine genauere Analyse ist für jeden betreffenden Stromkreis eine Außenleitermessung durchzuführen. Dieses Prinzip ist unkompliziert, jedoch ist der Berechnungsaufwand nicht gerechtfertigt, besonders weil eine ausreichend genaue Bestimmung der Nullimpedanzen in einer durchschnittlichen NS-Anlage sehr schwierig ist.

Es werden andere einfachere Methoden bevorzugt, die zu ausreichend genauen Ergebnissen führen. Drei praktische Methoden sind:

  • Die „Impedanzenmethode” auf Grundlage der Summierung aller Impedanzen (nur der Mitimpedanzen) in der Fehlerschleife (für jeden Stromkreis).
  • Die „Zusammensetzungsmethode” beinhaltet die Schätzung des Kurzschlussstromes am entfernten Schleifenende, wenn der Kurzschlussstromwert am naheliegenden Schleifenende bekannt ist.
  • Die „konventionelle Methode” zur Berechnung der minimalen Erdfehlerstrom-werte mit Hilfe von Wertetabellen für den schnellen Erhalt von Ergebnissen.

Diese Methoden sind nur dann zuverlässig, wenn die Leitungen der Erdfehlerschleife nah beieinanderliegen und nicht durch ferromagnetische Werkstoffe getrennt sind.


Eine modernere Berechnungsmethode ist die Verwendung einer Software, die auf der Impe-danzenmethode basiert, wie z.B. Ecodial 3.

Impedanzenmethode

Nach dieser Methode werden die Mitimpedanzen jedes Elementes im Erdfehler-schleifenstromkreis (Leitungen, PE-Leiter, Transformator usw.) addiert. Aus der Summe wird der Erdfehlerstrom mit Hilfe der folgenden Formel berechnet:

wobei gilt:

(ΣR)2: (Summe aller Widerstände in der Schleife)2 in der Planungsphase des Projektes

(ΣX)2: (Summe aller Induktivitäten in der Schleife)2 und

U)0: Bemessungsspannung zwischen Außenleiter und Neutralleiter.

Die Anwendung dieser Methode ist nicht immer einfach, denn sie setzt die Kenntnis aller Parameterwerte und Kenndaten der Schleifenelemente voraus. In einigen Fällen können typische Schätzwerte nationalen Leitfäden entnommen werden.


Zusammensetzungsmethode

Diese Methode ermöglicht die Bestimmung des Kurzschlussstromes am entfernten Schleifenende mit Hilfe des bekannten Kurzschlussstromwertes am naheliegenden Schleifenende. Dabei wird folgende Formel verwendet:

wobei gilt:

IK)max: vorgelagerter Kurzschlussstrom

I)K: Kurzschlussstrom am Schleifenende

U)r: Bemessungsspannung zwischen den Außenleitern

Z)<subs: Impedanz der Fehlerschleife

Hinweis: Nach dieser Methode werden die einzelnen Impedanzen arithmetisch(1) addiert (im Gegensatz zur vorherigen „Impedanzenmethode”).


Konventionelle Methode

Mit dieser Methode können im Allgemeinen die maximalen Leitungslängen recht genau festgelegt werden.

Prinzip

Diese Methode zur Berechnung des Kurzschlussstromes beruht auf der Annahme, dass die Spannung an der Einspeisung des betreffenden Stromkreises (d.h. an der Stelle, an der sich das Schutzgerät des Stromkreises befindet) gleich 80 % oder mehr der Nennspannung der Anlage beträgt. Der Wert 80 % wird, zusammen mit der Schleifenimpedanz des Stromkreises, zur Berechnung des Kurzschlussstromes verwendet.

Dieser Faktor berücksichtigt alle dem betrachteten Punkt vorgelagerten Spannungs-fälle. In NS-Leitungen befinden sich normalerweise alle Leiter eines dreiphasigen, vieradrigen Stromkreises nah beieinander und die leiterinterne Induktivität sowie die Induktivität zwischen den Leitern sind, verglichen mit dem Leitungswiderstand, ver-nachlässigbar klein. Diese Näherung gilt für Leitungsquerschnitte bis 120 mm2. Bei größeren Leitungsquerschnitten erhöht sich der Widerstandswert R wie folgt: Die maximale Leitungslänge in einem Stromkreis einer Anlage mit TN-Erdungs-schema wird mit folgender Formel berechnet:

wobei gilt:

Lmax: max. Länge (m)

U)o: Bemessungsspannung zwischen Außenleiter und Neutralleiter

ρ: Leiterwiderstand bei Normaltemperatur in Ohm-mm)2: /m

(= 22,5 x 10-3 für Kupfer; = 36 x 10-3 für Aluminium) Ia: Auslösestrom für eine unverzögerte Leistungsschalterauslösung oder

Ia: Auslösestrom der betreffenden Schutzsicherung (für eine Auslösung innerhalb der festgelegten Zeit).

Sph: Querschnitt der Außenleiter des betreffenden Stromkreises in mm2

SPE: Querschnitt des betreffenden Schutzleiters in mm2 (siehe Abb. F43).


Tabellen

Die folgenden Tabellen sind auf TN-Systeme anwendbar und wurden entsprechend der oben beschriebenen „konventionellen Methode” erstellt. Die Tabellen enthalten die maximalen Leitungslängen. Bei größeren Längen begrenzen die Ohmschen Leiterwiderstände den Kurzschlussstrom auf einen Wert, der unter dem Auslöseansprechwert des den Stromkreis schützenden Leistungsschalters liegt (oder dem Schmelzintegral der Sicherung). Dann erfolgt die Auslösung nicht schnell genug, um den Schutz gegen indirektes Berühren sicherzustellen.

Korrekturfaktor m

Abb. F44 enthält den auf die Werte den Abbildungen F45 bis F48 auf den nächsten Seiten anzuwendenden Korrekturfaktor (entsprechend dem Faktor Sph/SPE, dem Stromkreistyp und der Leiterwerkstoffe).

Die Tabellen berücksichtigen:

  • den Schutzgerätetyp: Leistungsschalter, Leitungsschutzschalter oder Sicherungen
  • den Auslösestromwert
  • den Querschnitt der Außenleiter und Schutzleiter
  • das Erdungssystem (siehe Abb. F49 auf Seite F29)
  • die Auslösecharakteristik des Leitungsschutzschalters (d.h. B, C oder D)(1)

Die Tabellen können für 230/400 V-Netze verwendet werden.

Die entsprechenden Tabellen für den Schutz durch Leistungsschalter von Schneider Electric vom Typ Compact und Leitungsschutzschalter vom Typ Acti 9 finden Sie in den entsprechenden Katalogen dieser Schaltgeräte.

Beispiel

Es handelt sich um eine vieradrige Drehstromanlage (230/400 V) im TN-C-System. Ein Stromkreis wird durch einen Leitungsschutzschalter Typ B mit einem Bemes-sungsstrom von 63 A geschützt. Die Leiter sind aus Aluminium, der Außenleiter-querschnitt beträgt 50 mm2 und kombiniertem Schutz- und Neutralleiter (PEN) mit einem Querschnitt von 25 mm2.

Bis zu welcher Leitungslänge ist der Schutz von Personen gegen indirektes Berühren durch das unverzögerte magnetische Auslöserelais des Leistungsschalters gewähr-leistet?

Abbildung F46 gibt für einen Leiterquerschnitt von 50 mm2 und einen Leistungs-schalter Typ B für 63 A eine Länge von 603 m an. Auf diesen Wert ist der Faktor 0,42 anzuwenden (Abbildung F44 für = 2).

Die maximale Leitungslänge beträgt daher:

603 m x 0,42 = 253 m.


Spezieller Fall: Die berührbaren leitfähigen Teile sind mit einem separaten Erdungsanschluß verbunden.

Der Schutz gegen indirektes Berühren muss durch ein Schaltgerät mit Fehlerstrom-schutz gewährleistet sein, das sich an der Einspeisung jedes Stromkreises befindet, der ein Gerät oder eine Gerätegruppe versorgt, deren berührbare leitfähige Teile mit einem separaten Erdungsanschluss verbunden sind.

Die Empfindlichkeit des Schaltgerätes mit Fehlerstromschutz muss auf den Wider-stand des Erdungsanschlusses abgestimmt sein (RA2 in Abb. F49). Siehe entspre-chende Angaben zu TT-Systemen.

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