Qualität und Sicherheit elektrischer Anlagen
Qualität und Sicherheit elektrischer Anlagen
Auch bei Einhaltung der vorgeschriebenen Prüfungen sind Qualität und Sicherheit nur gewährleistet, wenn:
- im Rahmen der Erstprüfung die Übereinstimmung der elektrischen Anlagen mit den Normen und Bestimmungen festgestellt worden ist,
- die elektrischen Betriebsmittel den einschlägigen Normen entsprechen,
- die seitens der Hersteller elektrischer Betriebsmittel vorgeschriebenen wiederkehrenden Prüfungen durchgeführt werden,
- die seitens der Norm (VDE 0105) geforderten Prüfungen durchgeführt wurden. Erforderliche Fristen für Wiederholungsprüfungen sind in der BGV A3, ehemals VBG 4, geregelt.
Erstprüfung der elektrischen Anlage
Bevor eine neu errichtete elektrische Anlage an das jeweilige Energieversorgungsnetz des Netzbetreibers (früher EVU) angeschlossen werden kann, muss eine Erstprüfung durchgeführt werden, gegebenenfalls wird auch eine Überprüfung der Anlage durch einen unabhängigen Sachverständigen (TÜV, Vds usw.) gefordert.
Die Prüfungen werden nach den für die Errichtung zutreffenden Normen (in Deutschland im Wesentlichen nach DIN VDE 0100) durchgeführt, wobei sich die Durchführungsmodalitäten von Land zu Land durchaus unterscheiden können. In manchen Fällen (insbesondere in europäischen Ländern) müssen auch gesetzliche und/oder behördliche Vorschriften berücksichtigt werden. Einvernehmlicher Zweck all dieser Bestimmungen ist es, die Sicherheitsregeln bei der Planung und Realisierung elektrischer Anlagen einzuhalten.
Grundlage der IEC 60364-6 (VDE 0100-600) sowie der anderen in diesem Planungskompendium aufgeführten Normen ist das Einvernehmen über die nachhaltige Bedeutung dieser Prüfungen für die konsequente Umsetzung aller Sicherheitsmaßnahmen und Durchführungspraktiken, wie sie normalerweise bei Wohn- und Geschäftsgebäuden sowie bei Industriegebäuden erforderlich sind. In vielen Bereichen der Industrie gelten darüber hinaus zusätzliche, kunden- und produktspezifische Bestimmungen (Bergbau, Chemie usw). Auf diese zusätzlichen Bestimmungen und die daraus resultierenden Anforderungen werden wir im Rahmen dieses Planungskompendiums nicht eingehen.
Bei Gebäudeinstallationen werden im Rahmen der Erstprüfungen (Besichtigen, Erproben und Messen) i. Allg. alle folgenden Prüfungen (VDE 0100-600) durchgeführt:
- Durchgängigkeit der Schutzleiter, der Verbindungen des Hauptpotentialausgleiches und des zusätzlichen Potentialausgleiches
- Isolationswiderstand der elektrischen Anlage
- Schutz durch SELV und PELV oder Schutztrennung
- Widerstand von isolierenden Fußböden und Wänden
- Schutz durch automatische Abschaltung der Stromversorgung
- Spannungspolarität
- Funktionsprüfung
- Drehfeldrichtung von Drehstrom-Steckdosen. Es ist zu prüfen, ob ein Rechtsdrehfeld vorhanden ist, wenn die Kontaktbuchsen von vorn im Uhrzeigersinn betrachtet werden.
Anmerkung: Außer der geforderten Prüfung des Drehfeldes von Drehstrom-Steckdosen ist für andere elektrische Betriebsmittel (z.B. Hausanschlüsse, Installationsverteiler) im Anwendungsbereich der Normen der Reihe DIN VDE 0100 (VDE 0100) ein Rechtsdrehfeld für Drehstrom-Stromkreise nicht festgelegt. Das schließt nicht aus, dass der Betreiber einer elektrischen Anlage aus betriebsinternen Gründen Festlegungen trifft, die das Rechtsdrehfeld für Versorgungssysteme und/oder den Anschluss von Betriebsmitteln (z.B. für Zähler) vorsieht. Bei Drehstromzählern für die Abrechnung des Energiebezuges ist der Rechtsdrehsinn der Zählerscheibe nicht zu verwechseln. Diese Prüfungen müssen bei den meisten Anlagen grundsätzlich durchgeführt werden. In diesem Planungskompendium möchten wir die besonderen Funktionen der diversen Arten von Anlagen beschreiben und Ihnen die einschlägigen Regelwerke nahebringen, deren Einhaltung letztlich entscheidend für das gewünschte Maß an Qualität sowie des sicheren und störungsfreien Betriebes ist. Mit den Empfehlungen diesesn Planungskompendiums sowie den ggf. aufgeführten Varianten, aufgrund der Anforderungen der Netzbetreiber, sollen die optimalen Voraussetzungen für einen erfolgreichen Verlauf der Erstprüfungen und der wiederkehrenden Prüfungen geschaffen werden.
Wiederkehrende Prüfungen der Anlagen und Betriebsmittel
In Deutschland sind wiederkehrende Prüfungen für alle elektrischen Anlagen und für bestimmte elektrische Betriebsmittel in der BGV A3 vorgeschrieben. In einigen europäischen Ländern dürfen für Industrie- und Geschäftsgebäude sowie für Versammlungsgebäude mit Publikumsverkehr wiederkehrende Prüfungen nur durch amtlich zugelassene Organisationen durchgeführt werden. Auch in Deutschland kann für einige Anlagen eine solche Forderung bestehen.
Die Abbildungen A3a und A3b (siehe nächste Seite) enthalten Angaben mit den für diverse Anlagearten vorgeschriebenen Prüfintervallen.
Konformität der in der Anlage verwendeten Betriebsmittel mit den gültigen Normen und Spezifikationen
Die Konformität elektrischer Betriebsmittel mit den einschlägigen Normen kann auf vielfältige Weise nachgewiesen werden.
Konformitätsnachweis nach NS-Richtlinie
Die Übereinstimmung der Betriebsmittel mit den einschlägigen Normen kann nachgewiesen werden durch:
- das Prüfzeichen der zertifizierenden Institution, einschl. der CE-Kennzeichnung,
- die Konformitätserklärung des Herstellers.
HS-Betriebsmittel sind derzeit von der CE-Kennzeichnung ausgenommen.
Konformitätserklärung
Sofern der Einbau der Betriebsmittel entsprechend den Angaben des Betriebsmittelherstellers in die Anlage erfolgt, wird die Konformitätserklärung des Betriebsmittelherstellers im Allgemeinen als rechtsgültiger Nachweis akzeptiert und ist Bestandteil der Technischen Dokumentation.
Hinweis: CE-Kennzeichnung
In Europa sind die Hersteller gem. den EU-Richtlinien zur Anbringung der CE-Kennzeichnung in Eigenverantwortung verpflichtet. Das CE-Kennzeichen sagt aus, dass:
- das Produkt die gesetzlichen Bestimmungen erfüllt,
- einer Vermarktung in Europa voraussichtlich nichts entgegensteht.
Die CE-Kennzeichnung allein ist allerdings kein Herkunfts- oder Prüfzeichennachweis.
Prüfzeichen
Prüfzeichen sind an Geräten und Betriebsmitteln angebracht, die i. Allg. von Laien benutzt werden (z.B. Haushaltsgeräte). Durch das Prüfzeichen wird von einer zugelassenen, unabhängigen Prüf- und Zertifizierungsstelle eine Baumusterprüfung durchgeführt und bestätigt, dass das Baumuster den sicherheitstechnischen Anforderungen eines Geräte- und Produktsicherheitsgesetzes entspricht. Die Prüf- und Zertifizierungsstelle kontrolliert, dass die in Verkehr gebrachten Serienprodukte mitdem geprüften Baumuster übereinstimmen.
Qualitätsnachweis
In den Normen sind diverse Qualitätssicherungsansätze beschrieben, denen aber nicht unterschiedliche Qualitätsniveaus zugrunde gelegt sind, sondern in denen vielmehr unterschiedlichen Ausgangssituationen Rechnung getragen wird.
Qualitätssicherung
Ein Prüflabor, das lediglich Baumuster untersucht, kann nicht die Konformität einer ganzen Fertigungsreihe bescheinigen: Diese Prüfungen werden als Baumusterprüfungen bezeichnet. Bei einigen Tests auf Normenkonformität werden die Baumuster zerstört (z.B. Testen von Sicherungen). Nur der Hersteller kann bescheinigen, dass die von ihm hergestellten Produkte auch tatsächlich die spezifizierten Kenndaten und Merkmale aufweisen. Ein Qualitätsnachweis soll den Konformitätsnachweis bzw. die Konformitätserklärung ergänzen. Als Nachweis dafür, dass alle erforderlichen Maßnahmen zur Gewährleistung der Fertigungsqualität ergriffen worden sind, wird der Hersteller für die von ihm gefertigten Produkte gemäß dem Qualitätssicherungssystem, nach dem die Fertigung der Produkte überwacht wird, zertifiziert. Die Zertifizierung erfolgt auf der Basis der Internationalen Qualititätssicherungsnorm ISO 9000 durch Organisationen, die sich auf die Qualitätssicherung spezialisiert haben. In dieser Norm werden drei Qualitätssicherungsmodelle unterschieden, die verschiedenen Ausgangssituationen Rechnung tragen, aber nicht unbedingt verschiedene Qualitätsniveaus kennzeichnen:
- Modell 3 legt Qualitätssicherungskriterien in Form von Endproduktprüfungen und -kontrollen fest.
- Modell 2 enthält zusätzlich zur Überprüfung des Endproduktes die Prüfung des Fertigungsprozesses. Dieser Ansatz gilt beispielsweise für die Herstellung von Sicherungen, bei denen die Leistungsmerkmale ohne Zerstörung der Sicherung nicht kontrolliert werden können.
- Modell 1 entspricht Modell 2, enthält darüber hinaus aber die Anforderung, dass die Qualität des Planungsprozesses zu prüfen ist; dies gilt beispielsweise für solche Fälle, in denen eine Prototypfertigung und -prüfung nicht vorgesehen ist (z.B. bei kundenspezifischen Maßanfertigungen).
Umwelt
Umweltmanagementsysteme können durch ein unabhängiges Organ zertifiziert werden, sofern sie die Anforderungen gemäß ISO 14001 erfüllen. Diese Zertifizierungsvariante gilt im Wesentlichen für Industriestandorte, kann aber auch auf Produktplanungsstätten angewandt werden. Im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung werden Ansätze zur umweltverträglichen Entwicklung von Produkten – Stichwort „Öko-Design“ – verfolgt. Ziel ist die Planung und Entwicklung von, auf die kundenseitigen Anforderungen optimal zugeschnittenen Produkten/Dienstleitungen, bei gleichzeitiger Reduzierung von umweltschädlichen Auswirkungen über den gesamten Lebenszyklus. Der dabei verfolgte methodische Ansatz sieht die Auswahl entsprechend geeigneter Betriebsmittelarchitekturen einschließlich Bauteilen und Materialien unter Berücksichtigung der Auswirkungen vor, die ein Produkt über seine gesamte Lebensdauer auf die Umwelt hat (von der Rohmaterialbeschaffung bis zur Entsorgung), d.h. Produktion, Transport, Vertrieb, Entsorgung usw. In Europa sind diesbezüglich zwei Richtlinien verabschiedet worden:
- Die seit dem 13. Februar 2003 geltende und per 1. Juli 2006 verbindlich anzuwendende RoHS-Richtlinie (Restriction of Hazardous Substances) zur Vermeidung der sechs Schadstoffe: Blei, Quecksilber, Cadmium, hexavalentes Chrom, polybromierte
Biphenyle (PBB) und polybromierte Diphenylether (PBDE).
- Die seit dem 13. Februar 2003 geltende und seit dem 13. August 2005 auch verbindlich anzuwendende WEEE-Richtlinie (Waste of Electrical and Electronic Equipment) im Zusammenhang mit der Entsorgung und Behandlung von Elektround
Elektronik-Altgeräten aus privater und nichtprivater Nutzung. In anderen Ländern außerhalb Europas sind ähnliche neue Gesetzesentwürfe mit gleicher Zielsetzung anhängig. Nachhaltige Entwicklung muss nicht auf die positive Einstellung der Hersteller zum Öko-Design von Produkten beschränkt bleiben, sondern es ist auch während des gesamten Planungsprozesses einer elektrischen Anlage ein signifikanter Beitrag möglich. So lässt sich mittlerweile nachweisen, dass die Auswirkungen auf die Umwelt (Schonung natürlicher Ressourcen, Energieeinsparung, Entsorgung) durch optimierte Anlagenplanung mit besonderer Berücksichtigung der Betriebsbedingungen sowie durch optimierte Auswahl der Aufstellungsorte von HS/NS-Umspannstationen und der entsprechenden Energieverteilungstechnik (Schaltfelder, Schienenverteiler, Kabel) wesentlich verringert werden können. Informationen zu den Aufstellungsorten von Umspannstationen und NS-Hauptverteilungen finden Sie in Kapitel D.