Kapitel F

Schutz gegen elektrischen Schlag und elektrische Brände


Schutz bei indirektem Berühren im IT System: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 6. September 2017, 15:02 Uhr



Erstfehlerbedingung

Moderne Überwachungssysteme erleichtern die Ortung und Beseitigung des ersten Fehlers erheblich.

Der bei Auftreten des ersten Fehlers fließende Fehlerstrom gegen Erde bewegt sich im Milliampere-Bereich.

Die Fehlerspannung gegen Erde ist das Produkt aus diesem Strom und dem Widerderstand des Erdungsanschlusses der Anlage und des PE-Leiters (vom fehlerhaften Element zum Erdungsanschluss). Dieser Spannungswert ist ungefährlich und erreicht maximal nur einige Volt (z.B. führen ein 1000 Ω-Erdungswiderstand mit einem Strom von 230 mA[1] und ein Erdungsanschluss der Anlage von 50 Ω zu einer Spannung von 11,5 V).

Es erfolgt eine Meldung durch den permanenten Isolationswächter.

Prinzip der Erdschlussüberwachung

Ein Generator eines sehr niederfrequenten Wechselstromes oder eines Gleichstromes (zur Reduzierung der Auswirkungen der Leitungskapazitäten auf vernachlässigbare Werte) erzeugt eine Spannung zwischen dem Sternpunkt des Versorgungstransformators und Erde. Diese Spannung lässt, entsprechend dem Isolationswiderstand gegen Erde der gesamten Anlage plus dem jedes angeschlossenen Gerätes, einen geringen Strom fließen.

Niederfrequenz-Messgeräte können in Wechselstromsystemen eingesetzt werden, die unter Fehlerbedingungen kurzzeitige Gleichstromkomponenten erzeugen. Einige Ausführungen können zwischen Ohmschem und kapazitivem Ableitstrom unter-scheiden.

Moderne Geräte ermöglichen die Messung von Fehlerstromverläufen, so dass ein erster Fehler verhindert werden kann.

Gerätebeispiele

  • Manuelle Fehlerortung (siehe Abb. F57)

Abb. F57: Nichtautomatische (manuelle) Fehlerortung

Der Generator kann ortsfest (Beispiel: IM400) oder tragbar sein (Beispiel: XGR zum Prüfen stromloser Stromkreise) und der Empfänger ist, ebenso wie die Strommesszangen, tragbar.

  • Ortsfeste automatische Fehlerortung (siehe Abb. F58)
Abb. F58: Ortsfeste automatische Fehlerortung

Das Überwachungsrelais XM400 stellt, zusammen mit den ortsfesten Erfassungsmodulen XD312 oder XD12 (die jeweils an einen Ringstromwandler angeschlossen sind, der die Leiter des betreffenden Stromkreises umschließt), ein System zur automatischen Fehlerortung in einer stromführenden Anlage dar.

Desweiteren wird der Isolationspegel für jeden überwachten Stromkreis angezeigt, und es werden zwei Schwellwerte geprüft: der erste Wert (Frühwarnschwelle) signalisiert einen ungewöhnlich niedrigen Isolationswiderstand, so dass vorbeugende Maßnahmen ergriffen werden können, während der zweite Wert (Alarmschwelle) eine Fehlerbedingung feststellt und einen Alarm auslöst.

  • Automatische Fehlerüberwachung, -erfassung und -ortung (siehe Abb. F59)
Abb. F59: Automatische Fehlerortung und Datenerfassung der Isolationswiderstandswerte

Das System Vigilohm kann über eine Modbus-Schnittstelle in ein Fernüberwachungssystem eingebunden werden, so dass jederzeit der Isolationspegel aller Abgänge abgefragt werden kann. Das zentrale Überwachungsrelais XL308 und die Erfassungsmodule XL316 mit automatischer Ortung, (die mit Ringstromwandlern für verschiedene Stromkreise verbunden sind, s. Abbildung F59) sind die für diesen Automatikbetrieb erforderlichen Geräte.

Einrichtung von stationär installierten Isolationswächtern

  • Anschluss

    Der stationär installierte Isolationswächter wird normalerweise zwischen dem Sternpunkt (oder dem künstlichen Sternpunkt) des Versorgungstransformators und dessen Erdungsanschluss angeschlossen.

  • Versorgung

    Die Spannungsquelle des stationär installierten Isolationswächters muss außerordentlich betriebssicher sein. Im Allgemeinen wird er direkt durch die zu überwachende Anlage durch Überstromschutzgeräte mit entsprechendem Bemessungskurzschlussstrom versorgt.

  • Schwellwerteinstellungen

    Einige nationale Normen empfehlen eine Frühwarnschwelle von 20 % unterhalb des Isolationspegels der neuen Anlage. Dieser Wert ermöglicht die Erfassung einer Reduzierung der Isolationsqualität, die bei einem beginnendem Fehler vorbeugende Wartungsmaßnahmen erforderlich macht.

    Der Schwellwert für einen Erdschlussalarm wird sehr viel niedriger eingestellt.

    Die zwei Schwellwerte können z.B. wie folgt eingestellt werden:

    • Isolationspegel der neuen Anlage: 100 kΩ
    • ungefährlicher Kriechstrom: 500 mA (Brandrisiko bei > 500 mA)
    • kundenseitig eingestellte Anzeigewerte:
      • Schwellwert für vorbeugende Wartung: 0,8 x 100 = 80 kΩ
      • Schwellwert für Kurzschlussalarm: 500 Ω

Hinweise:

  • Nach einer langen Stillstandsdauer, während der die gesamte Anlage oder Anlagenteile ausgeschaltet waren, kann sich der Isolationswiderstandswert, klimatisch bedingt, verringert haben. Diese Tatsache ist hauptsächlich auf den Fehlerstrom auf der feuchten Isolationsoberfläche zurückzuführen. Dies führt jedoch nicht zu einer Fehlerbedingung und die Oberflächenfeuchtigkeit verringert sich durch den normalen Temperaturanstieg der stromführenden Leiter schnell.
  • Der permanente Isolationswächter (XM) kann die Ohmschen und kapazitiven Stromkomponenten der Erdkriechströme separat messen, und er leitet somit den wahren Isolationswiderstand aus dem permanenten Gesamtfehlerstrom her.

Auftreten eines zweiten Fehlers

Ein zweiter Erdschluss in einem IT-System (wenn er nicht im selben Leiter auftritt, wie der erste Fehler) stellt einen Fehler zwischen den Außenleitern oder zwischen Außenleiter und Neutralleiter dar. Unabhängig davon, ob dieser Fehler im gleichen Stromkreis auftritt wie der erste Fehler oder in einem anderen Stromkreis, wird die Fehlerbeseitigung normalerweise automatisch durch Überstromschutzgeräte (Sicherungen oder Leistungsschalter) durchgeführt.

Die Einstellwerte von Überstromauslösern und die Bemessungswerte von Sicherungen sind die grundlegenden Parameter zur Festlegung der maximalen Leitungslänge, um einen zufriedenstellenden Schutz zu gewährleisten (siehe Abschnitt 6.2).

Hinweis: Unter normalen Bedingungen führt der Fehlerstromweg durch den gemeinsamen PE-Leiter, der alle berührbaren leitfähigen Anlagenteile verbindet, so dass die Fehlerschleifenimpedanz niedrig genug ist, um einen angemessenen Fehlerstromwert sicherzustellen.

Bei unvermeidbar großen Stromkreislängen und besonders bei separat geerdeten Geräten eines Stromkreises (so dass der Fehlerstrom durch zwei Erdungsanschlüsse fließt), ist eine zuverlässige Überstromauslösung nicht möglich.

In diesem Fall wird ein Schaltgerät mit Fehlerstromschutz in jedem Stromkreis der Anlage empfohlen.

Ist ein IT-System über einen Widerstand geerdet, muss dennoch sorgfältig geprüft werden, ob das Schaltgerät mit Fehlerstromschutz nicht zu empfindlich ist oder ob ein erster Fehler zu einer unbeabsichtigten Auslösung führen kann. Schaltgeräte mit Fehlerstromschutz lösen gemäß den IEC-Normen bei Werten von 0,5 I∆n bis I∆n aus, wobei I∆n der eingestellte Nennfehlerstrom ist.

Methoden zur Bestimmung von Kurzschlussstromwerten

Es werden im Allgemeinen drei Berechnungsmethoden verwendet:

  • die Impedanzenmethode, auf Grundlage der trigonometrischen Addition der Widerstände und Induktivitäten des Systems
  • die Zusammensetzungsmethode
  • die konventionelle Methode, auf Grundlage eines angenommenen Spannungsfalls und der Verwendung entsprechender Tabellen.

In der Planungsphase eines Projektes muss eine angemessen genaue Abschätzung der Kurzschlussstromwerte durchgeführt werden.

Eine genaue Analyse ist nicht notwendig, da die Stromstärken nur für die betreffenden Schutzgeräte wichtig sind (d.h. die Phasenwinkel müssen nicht bestimmt werden), so dass normalerweise vereinfachte Annäherungsmethoden verwendet werden. Drei praktische Methoden sind:

  • Die Impedanzenmethode auf Grundlage der vektoriellen Summierung aller (Mit-)Impedanzen um die Fehlerstromschleife herum.
  • Die Zusammensetzungsmethode beinhaltet die Schätzung des Kurzschlussstromes am entfernten Schleifenende, wenn der Kurzschlussstromwert am naheliegenden Schleifenende bekannt ist. Komplexe Impedanzen werden in dieser Methode arithmetisch kombiniert.
  • Die konventionelle Methode beruht auf der Annahme, dass der minimale Spannungswert an der Einspeisung eines fehlerhaften Stromkreises gleich 80 % der Nennspannung des Stromkreises beträgt. Es werden Tabellen verwendet, die auf dieser Annahme basieren, denen die Leitungslängen direkt entnommen werden können.

Diese Methoden sind nur dann zuverlässig, wenn die Leitungen der Fehlerstromschleife nah beieinanderliegen und nicht durch ferromagnetische Werkstoffe getrennt sind.

Impedanzenmethode

Die Software Ecodial basiert auf der „Impedanzenmethode”.

Diese Methode wird in Abschnitt 6.2 beschrieben. Sie ist für IT- und TN-Systeme identisch.

Zusammensetzungsmethode

Diese Methode wird in Abschnitt 6.2 beschrieben. Sie ist für IT- und TN-Systeme identisch.

Konventionelle Methode

(siehe Abb. F60)

Abb. F60: Berechnung von Lmax für ein IT-Netz. Darstellung des Fehlerstromwegs unter Doppelfehlerbedingung

Die maximale Länge eines IT-Systems beträgt:

  • für ein 3-phasiges System ohne verteilten

Neutralleiter [math]\displaystyle{ \definecolor{bggrey}{RGB}{234,234,234}\pagecolor{bggrey} Lmax=\frac{0,8\ Uo\ \sqrt{3}\ Sph}{2\rho Ia\left ( 1+m \right )} }[/math]

  • für ein 3-phasiges System mit verteiltem

Neutralleiter [math]\displaystyle{ \definecolor{bggrey}{RGB}{234,234,234}\pagecolor{bggrey}Lmax=\frac{0,8\ Uo\ S1}{2\rho Ia\left ( 1+m \right )} }[/math]

Es gilt für ein IT-System das gleiche Prinzip, wie bereits in Abschnitt 6.2 für ein TN-System beschrieben wurde: die Berechnung der maximalen, einem Leistungsschalter oder einer Sicherungen nachgelagerten Leitungslängen zur Gewährleistung des Schutzes durch Überstromschutzgeräte.

Natürlich ist es unmöglich, die Leitungslängen für jede mögliche Kombination zweier gleichzeitiger Fehler zu prüfen.

Man kann dennoch alle möglichen Fälle abdecken, wenn der Überstromeinstellwert auf der Annahme basiert, dass ein erster Fehler am entfernten Ende des betreffenden Stromkreises auftritt, während der zweite Fehler am entfernten Ende eines identischen Stromkreises auftritt (wie bereits in Abschnitt 3.4 erwähnt). Dies führt i. Allg. nur zu einer Auslösung (im Stromkreis mit dem niedrigeren Auslöseeinstellwert), wodurch im System eine Erstfehlerbedingung vorhanden ist, jedoch nur ein fehlerhafter Stromkreis ausgeschaltet wird.

  • In einer dreiphasigen Anlage ohne verteilten Neutralleiter kann der zweite Fehler nur zu einem Außenleiterschluss führen, so dass die zu verwendende Spannung in der Formel zur Berechnung der maximalen Leitungslänge √3 Uo beträgt.

Die maximale Stromkreislänge wird bestimmt durch:

[math]\displaystyle{ Lmax=\frac{0,8\ Uo\ \sqrt{3}\ Sph}{2\rho Ia\left ( 1+m \right )} }[/math]

  • In dreiphasigen Anlagen mit verteiltem Neutralleiter erhält man den niedrigsten Fehlerstromwert, wenn einer der Fehler am Neutralleiter auftritt. In diesem Fall ist Uo der zur Berechnung der maximalen Leitungslänge zu verwendende Wert und

[math]\displaystyle{ Lmax=\frac{0,8\ Uo\ S1}{2\rho Ia\left ( 1+m \right )} }[/math]


d.h. nur 50 % der zulässigen Länge für ein TN-System[2]

In vorheriger Formel gilt:

Lmax: max. Länge (m)

Uo: Spannung zw. Außenleiter und Neutralleiter (230 V für ein 230/400 V-System)

ρ: Leiterwiderstand bei Normaltemperatur (22,5 x 10-3 Ohm-mm2/m für Kupfer, 36 x 10-3 Ohm-mm2/m für Aluminium)

Ia: Überstromauslösewert in A, oder Ia: Auslösestrom der Sicherung in A (für eine Auslösung innerhalb der festgelegten Zeit)

[math]\displaystyle{ m=\frac{S_{ph}}{S_{PE}} }[/math]

SPE: Querschnitt des PE-Leiters in mm2

S1: Querschnitt des Neutralleiters, wenn im Stromkreis enthalten.

S1: Querschnitt der Außenleiter, wenn im Stromkreis kein Neutralleiter enthalten ist.

Tabellen

Die folgenden Tabellen[3] enthalten die nicht zu überschreitenden Leitungslängen, um den Schutz von Personen gegen indirektes Berühren mit Hilfe von Schutzgeräten sicherzustellen.


Die folgenden Tabellen wurden entsprechend der oben beschriebenen „konventionellen Methode” erstellt.

Die Tabellen enthalten die maximalen Leitungslängen. Bei größeren Längen begrenzen die Ohmschen Leiterwiderstände den Kurzschlussstrom auf einen Wert, der unter dem Auslöseansprechwert des, den Stromkreis schützenden Leistungsschalters liegt (oder dem Schmelzintegral der Sicherung). Dann erfolgt die Auslösung nicht schnell genug, um den Schutz gegen indirektes Berühren sicherzustellen. Die Tabellen berücksichtigen:

  • den Schutzgerätetyp: Leistungsschalter oder Sicherungen
  • den Auslösestromwert
  • den Querschnitt der Außenleiter und Schutzleiter
  • das Erdungssystem,
  • den Korrekturfaktor: Abb. F61 enthält den auf die Längenwerte der Tabellen F45 bis F48 anzuwendenden Korrekturfaktor (Betrachtung eines IT-Systems).


Stromkreis
Leiterwerkstoff m = Sph/SPE (oder PEN)
m = 1 m = 2 m = 3 m = 4
3 Außenleiter Kupfer 0,86 0,57 0,43 0,34
Aluminium 0,54 0,36 0,27 0,21
3P + N oder 1P + N Kupfer 0,50 0,33 0,25 0,20
Aluminium 0,31 0,21 0,16 0,12

Abb. F61: Anzuwendender Korrekturfaktor auf die in den Tabellen F45 bis F48 angegebenen Längen für TN-Systeme.


Beispiel

Es handelt sich um eine dreiphasige dreiadrige 230/400 V-Anlage im IT-System.

Einer ihrer Stromkreise wird durch einen Leistungsschalter mit einem Bemessungsstrom von 63 A geschützt und besteht aus einer Aluminiumleitung mit einem Außenleiterquerschnitt von 50 mm2. Der PE-Leiter hat einen Querschnitt von 25 mm2 und besteht ebenso aus Aluminium. Welches ist die maximale Leitungslänge, unter der der Schutz von Personen gegen gefährliches indirektes Berühren durch das unverzögerte magnetische Auslöserelais des Leistungsschalters gewährleistet ist?

Abbildung F46 gibt eine Länge von 603 m an. Auf diesen Wert ist ein Korrekturfaktor von 0,36 anzuwenden (m = 2 für Aluminiumleitung). Die maximale Leitungslänge beträgt daher 217 m.

Anmerkung

  1. ^ In einem dreiphasigen 230/400 V-System.
  2. ^ Zur Erinnerung: Es gibt keine Längenbeschränkung für den Erdschlussschutz in einem TT-System, da der Schutz durch hochempfindliche Schaltgeräte mit Fehlerstrom gewährleistet ist.
  3. ^ Die Tabellen werden in Abschnitt 6.2 dargestellt (Abb. F45 bis F48). Dennoch berücksichtigt die Tabelle der Korrekturfaktoren (Abb. F61) den Faktor Sph/SPE, den Stromkreistyp (3-phasig ohne oder mit verteiltem Neutralleiter; 1-phasig 2-adrig) und den Leiterwerkstoff. Sie ist IT-Systemspezifisch und unterscheidet sich von der Tabelle für ein TN-System.
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