Tarife und Zählungen

Aus Planungskompendium Energieverteilung
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In diesem Planungskompendium wird kein Versuch unternommen, spezielle Tarife zu erörtern, da es so viele verschiedene Tarifstrukturen wie Netzbetreiber in der ganzen Welt gibt.

Einige Tarife sind sehr kompliziert; es gibt jedoch einige grundlegende Elemente, die in allen Tarifen enthalten sind und dazu dienen, die Abnehmer zu motivieren, ihren Energieverbrauch so zu steuern, dass die Erzeugungs-, Übertragungs- und Verteilkosten verringert werden.

Die beiden vorherrschenden Arten, wie die Kosten für die Lieferung von Energie an Kunden verringert werden können, sind:

  • Verringerung von Energieverlusten bei der Erzeugung, Übertragung und Verteilung von elektrischer Energie. Im Prinzip werden die geringsten Verluste in einem Netz erreicht, wenn alle Teile des Netzes mit dem gleichen Leistungsfaktor arbeiten.
  • Verringerung des Spitzenlastbedarfs durch Verlagerung des Bedarfs in Niedriglastzeiten, dadurch bessere und gleichmäßige Auslastung der Kraftwerke.

Verringerung der Verluste

Obwohl die ideale Bedingung, die in der vorstehend erwähnten ersten Möglichkeit genannt wird, in der Praxis nicht realisiert werden kann, basieren viele Tarifstrukturen zum Teil auf dem Scheinleistungsbedarf sowie auf den verbrauchten Kilowattstunden. Da der Mindestwert der Scheinleistung bei einer gegebenen Last beim Leistungsfaktor 1 auftritt, kann der Abnehmer die Kosten minimieren, indem er Maßnahmen ergreift, um den Leistungsfaktor der angeschlossenen Verbraucher zu verbessern (wie in Blindleistungskompensation und Filterung von Oberschwingungen beschrieben). Der für Tarifzwecke i. Allg. verwendete Scheinleistungsbedarf ist der maximale durchschnittliche Scheinleistungsbedarf, der während jedes Abrechnungszeitraums auftritt und basiert auf durchschnittlichen Scheinleistungsanforderungen über festgelegte Zeiträume (i. Allg. 15, 30 oder 60 Minuten). Der höchste Wert wird berücksichtigt.

Das Prinzip wird im Folgenden unter „Prinzip der Messung des maximalen Scheinleistungsbedarfs” beschrieben.

Verringerung des Spitzenlastbedarfs

Das zweite Ziel, d. h. die Verringerung des Spitzenlastbedarfs bei Erhöhung des Bedarfs in Niedriglastzeiten, hat zu Tarifen geführt, die eine erhebliche Verringerung der Energiekosten zu bestimmten Zeiten bieten, nämlich:

  • zu bestimmten Stunden innerhalb von 24 Stunden und
  • zu bestimmten Zeiten innerhalb eines Jahres.

Das einfachste Beispiel ist das eines Haushalts mit einem elektrischen Warmwasserspeicher (oder Nachtspeicheröfen usw.). Der Energie-Zähler (Zwei-Tarif-Zähler) hat zwei digitale Zählwerke, von denen das eine tagsüber und das andere nachts die verbrauchte Energie erfasst (die Umschaltung erfolgt über ein zeitabhängiges Steuergerät). Ein Schütz, das über das gleiche Steuergerät betätigt wird, schließt den Stromkreis des Warmwasserspeichers, dessen Stromverbrauch dann auf dem Zähler angezeigt wird, für den der günstigere Preis gilt. Das Heizgerät kann tagsüber erforderlichenfalls jederzeit ein- und ausgeschaltet werden, wird dann jedoch zum normalen Preis abgerechnet. Große Industriekunden können 3 oder 4 Preissätze haben, die zu verschiedenen Zeiten während eines 24-Stunden-Zeitraums gelten, sowie eine ähnliche Anzahl an Preissätzen für verschiedene Zeiten im Jahr. Bei derartigen Modellen kann das Verhältnis zwischen den Kosten pro kWh in einem Spitzenbedarfszeitraum und den Kosten in dem Zeitraum mit der niedrigsten Last des Jahres 10:1 betragen.

Zähler

Es ist Stand der Technik, dass qualitativ hochwertige Zähl- und Messeinrichtungen erforderlich sind, um diese Art der Messung zu implementieren. Siehe hierzu das Kapitel Messung

Die neueste Generation von elektronischen Zähl- und Messeinrichtungen ist nun verfügbar und erleichtert die Anwendung durch die Netzbetreiber erheblich. Sie verfügt über eine Mikroprozessor gesteuerte Messwerterfassung und Signalbearbeitung. Angesteuert werden sie über eine Rundsteuerfrequenz[1] und ermöglichen z. B. die Zeitsteuerung der Spitzenlast über das Jahr zu ändern.

Wie vorstehend erwähnt, basieren in den meisten Ländern einige Tarife zum Teil sowohl auf dem Scheinleistungsbedarf zuzüglich zur Wirkleistungsaufnahme (kWh) während der Abrechnungsperiode (oftmals 3-Monats-Zeiträume). Der maximale, von den vorstehend beschriebenen Zählern registrierte Bedarf ist tatsächlich ein maximaler (d. h. der höchste) Durchschnitts-Scheinleistungsbedarf, der für aufeinanderfolgende Zeiträume während des Abrechnungszeitraums registriert wird.

Abbildung C10 zeigt eine typische Kennlinie für den Scheinleistungsbedarf in einem Zeitraum von zwei Stunden, die in aufeinanderfolgende Zeiträume von jeweils fünfzehn Minuten aufgeteilt sind. Der Zähler misst den durchschnittlichen kVA-Wert in jedem dieser 15-Minuten-Zeiträume.

Abb. C10 – Maximaler durchschnittlicher kVA-Wert über einen Zeitraum von zwei Stunden

Prinzip der Erfassung des maximalen Scheinleistungsbedarfs

Ein kVAh-Zähler ist einem kWh-Zähler in allen wesentlichen Punkten ähnlich. Das Verhältnis zwischen Strom- und Spannungsphase wurde dahingehend geändert, dass der Zähler kVAh (Kilovoltamperstunden) effektiv misst. Desweiteren verfügt dieses Gerät über einen rotierenden Zeiger anstelle einer Reihe von Dekadenzählscheiben wie bei einem konventionellen kWh-Zähler. Wenn sich der Zeiger dreht, misst er kVAh und schiebt einen roten Anzeiger vor sich her. Nach Ablauf von fünfzehn Minuten hat sich der Zeiger einen Teil des Wegs um die Zählscheibe bewegt (er wurde so entwickelt, dass er einen Umlauf niemals innerhalb von fünfzehn Minuten schafft) und wird dann elektrisch in die Nullstellung zurückgesetzt, um einen weiteren 15-Minuten-Zeitraum zu starten. Der rote Anzeiger bleibt an der vom Messzeiger erreichten Stelle – diese Stelle entspricht der von der Last innerhalb von fünfzehn Minuten aufgenommenen Anzahl an kVAh (Kilovoltamperstunden). Statt die Zählscheibe an dieser Stelle in kVAh zu markieren, kann sie jedoch in Durchschnitts-kVA-Einheiten markiert werden. Die folgenden Zahlen verdeutlichen dieses Thema.

Wir nehmen an, dass die Stelle, die der rote Anzeiger erreicht hat, 5 kVAh entspricht. Es ist bekannt, dass eine veränderliche Menge an Scheinleistung (kVA) fünfzehn Minuten lang, d. h. 1/4 Stunde lang, abgenommen wurde.

Wird nun der Wert 5 kVAh durch die Stundenanzahl geteilt, erhält man den durchschnittlichen kVA-Wert für diesen Zeitraum.

In diesem Fall ist der durchschnittliche kVA-Wert für den Zeitraum wie folgt:

[math]\displaystyle{ 5\times\frac{1}{\frac{1}{4} }={5\times4}={20\ \mbox{kVA} } }[/math]

Jeder Punkt um die Zählscheibe herum wird ähnlich markiert, d. h. die Zahl für den durchschnittlichen kVA-Wert wird 4-mal höher sein als der kVAh-Wert an jedem gegebenen Punkt. Ähnliche Schlussfolgerungen können für jeden anderen Rückstellzeitraum gezogen werden.

Am Ende des Abrechnungszeitraums steht der rote Anzeiger auf dem Maximalwert aller Durchschnittswerte, die im Abrechnungszeitraum auftreten.

Der rote Anzeiger wird zu Beginn jedes Abrechnungszeitraums auf Null zurückgesetzt. Elektromechanische Messgeräte der beschriebenen Art werden schnell durch elektronische Messgeräte ausgetauscht. Die grundlegenden Messprinzipien, von denen die elektronischen Messgeräte abhängen, sind jedoch die gleichen wie bei den vorstehend beschriebenen Messgeräten.

Anmerkung

  1. ^ Die Rundsteuerfrequenz ist ein Signalisierungssystem, in dem ein Niederfrequenzstrom (üblicherweise 189 Hz, abhängig vom Netzbetreiber) an geeigneten Netzstationen in das NS-Netz eingespeist wird. Das Signal wird in Form von verschlüsselten Impulsen eingespeist. Auf die Signalfrequenz eingestellte Relais, die den speziellen Code erkennen, nehmen Schaltvorgänge vor, um eine erforderliche Funktion zu starten. Auf diese Art und Weise sind bis zu 960 diskrete Steuersignale verfügbar.
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