Weitere Merkmale eines Leistungsschalters

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Bemessungsisolationsspannung (Ui)

Für die endgültige Wahl ist die Kenntnis der folgenden, weniger wichtigen technischen Daten von NS-Leistungsschaltern oft erforderlich.

Dies ist der Spannungswert, auf den sich die Prüfspannung bezüglich der Isolationsfestigkeit (im Allgemeinen höher als 2 Ui) und der Kriechstrecken bezieht.

Der maximale Wert der Bemessungsbetriebsspannung darf niemals den Wert der Bemessungsisolationsspannung überschreiten (Ue ≤ Ui).

Bemessungsstoßspannungsfestigkeit (Uimp)

Dieser Kennwert gibt in kV (bei vorgeschriebener Form und Polarität) den Spannungswert an, den das Gerät ohne Beschädigung unter Prüfbedingungen aushalten kann.

Im Allgemeinen beträgt Uimp für Leistungsschalter 8 kV bezogen auf Überspannungskategorie IV bei 690 V und für Leitungsschutzschalter für Hausinstallation 4 kV.

Kategorie (A oder B) und Bemessungskurzzeitstromfestigkeit (Icw)

Wie bereits in Abschnitt 4.2 erwähnt, gibt es gem. IEC 60947-2 (VDE 0660-102) zwei Kategorien (A und B) für industrielle NS-Schaltgeräte:

  • Schalter der Kategorie A beinhalten keine beabsichtigte Verzögerung der „unverzögerten” magnetischen Kurzschlussauslösevorrichtung (siehe Abb. H35). Hierbei handelt es sich im Allgemeinen um Kompakt-Leistungsschalter.
Abb. H35 – Leistungsschalter der Kategorie A (unverzögert)
  • Bei Schaltern der Kategorie B kann, zum Erhalt einer Zeitselektivität mit anderen Leistungsschaltern, die Leistungsschalterauslösung verzögert werden, wenn der Fehlerstromwert niedriger ist als die Bemessungskurzzeitstromfestigkeit (Icw) des Leistungsschalters (siehe Abb. H36). Dies wird häufig bei großen, offenen Leistungsschaltern und bei bestimmten Hochleistungs-Kompakt-Leistungsschaltern angewendet. Icw ist der maximale Strom, dessen thermische und elektrodynamische Belastungen der Leistungsschalter der Kategorie B ohne Beschädigung für eine herstellerseitig angegebene Zeitdauer aushalten kann.
Abb. H36 – Leistungsschalter der Kategorie B (zeitverzögert)
  • Zum Schutz gegen thermische und elektrodynamische Überlast verfügen Leistungsschalter über einen integrierten unverzögerten Kurzschlussschutz, der bei einem vom Hersteller angegebenen Grenzwert Ii den Leistungsschalter auslöst und bei dessen Überschreitung keine Verzögerung in der Kurzschlussauslösung mehr möglich ist.

Bemessungskurzschlusseinschaltvermögen (Icm)

Icm ist der höchste Stromwert, den der Leistungsschalter bei Bemessungsspannung unter bestimmten Bedingungen einschalten kann. In Wechselstromsystemen bezieht sich dieser Spitzenwert auf Icu (d.h. auf den Bemessungsausschaltstrom), multipliziert mit dem Faktor k, der vom Leistungsfaktor (cos φ) der Fehlerstromschleife abhängt (siehe Abbildung H37).

Icu cos φ Icm = kIcu
6 kA < Icu ≤ 10 kA 0,5 1,7 x Icu
10 kA < Icu ≤ 20 kA 0,3 2 x Icu
20 kA < Icu ≤ 50 kA 0,25 2,1 x Icu
50 kA ≤ Icu 0,2 2,2 x Icu
Abb. H37 – Verhältnis zwischen Bemessungsgrenzkurzschlussausschaltvermögen Icu und Bemessungskurzschlusseinschaltvermögen Icm bei verschiedenen Leistungsfaktorwerten des Kurzschlussstromes gemäß IEC 60947-2 (VDE 0660-101)

Beispiel

Ein Leistungsschalter Masterpact NW08H2 hat ein Bemessungsgrenzkurz-schlussausschaltvermögen Icu von 100 kA. Der Spitzenwert seines Bemessungskurz-schlusseinschaltvermögens Icm ist 100 x 2,2 = 220 kA.

Bemessungsbetriebskurzschlussausschaltvermögen (Ics)

Das Bemessungsgrenzkurzschlussausschaltvermögen (Icu) oder (Icn) entspricht dem maximalen Fehlerstrom, den ein Leistungsschalter ohne Beschädigung unter-brechen kann. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein solcher Strom auftritt, ist sehr klein, und unter normalen Bedingungen sind die Fehlerströme sehr viel kleiner als das Bemessungsgrenzkurzschlussausschaltvermögen (Icu) des Leistungsschalters. Andererseits ist es wichtig, dass solch hohe (wenn auch unwahrscheinliche) Ströme einwandfrei unterbrochen werden, so dass der Leistungsschalter sofort wieder geschlossen werden kann, nachdem der fehlerhafte Stromkreis repariert wurde.

Aus diesem Grund wurde den technischen Daten eine neue Option hinzugefügt (Ics), die als Prozentsatz von Icu ausgedrückt wird, d.h.: 25, 50, 75, 100 % für Leistungs-schalter. Die standardmäßige Prüffolge ist:

  • C - CO - CO[1] (bei Ics)
  • Im Anschluss an diese Prüffolge wird überprüft, ob sich der Leistungsschalter in einem ordnungsgemäßen Zustand befindet und ob er betriebsbereit ist.

Für Leitungsschutzschalter gilt Ics = k Icn. Die Werte für den Faktor k sind in der IEC 60898-1 (VDE 0641-11) Tabelle 18 angegeben.

In Europa wird in der industriellen Praxis ein k-Faktor von 100 % verwendet, so dass gilt: Ics = Icu

Kurzschlussstrombegrenzung

NS-Leistungsschalter der Gebrauchskategorie A und Leitungsschutzschalter haben ein Kurzschlussstrombegrenzungsvermögen, wodurch der Kurzschlussstrom reduziert und somit verhindert wird, dass er seinen (sonstigen) maximalen Spitzenwert erreicht (s. Abb. H38). Das Strombegrenzungsvermögen dieser Leistungsschalter wird in Form von Kennlinien dargestellt, wie in Abb. H39, Diagramm (a) veranschaulicht.

Abb. H38 – Prospektive und begrenzte Ströme

Die Begrenzung des Durchlassstromes eines Leistungsschalters gibt seine mehr oder weniger effektive Fähigkeit an, den Durchlass des maximalen prospektiven Fehlerstromes zu verhindern und nur den Durchlass einer begrenzten Strommenge zuzulassen (siehe Abb. H38). Die Strombegrenzung wird vom Leistungsschalterhersteller in Form von Kennlinien angegeben (siehe Abb. H39).

  • Grafik (a) zeigt den begrenzten Stromspitzenwert im Verhältnis zum Effektivwert der Wechselstromkomponente des prospektiven Fehlerstromes („Prospektiver” Fehlerstrom bezieht sich auf den Fehlerstrom, der fließen würde, wenn der Leistungsschalter über keine Strombegrenzungsfunktion verfügen würde.).
  • Die Strombegrenzung reduziert die thermischen Belastungen im Verhältnis zum Effektivwert der Wechselstromkomponente des prospektiven Fehlerstromes erheblich (proportional zu I2t), was durch die Kennlinie in Grafik (b) der Abb. H39 dargestellt wird.

NS-Leitungsschutzschalter für Hausinstallation oder ähnliche Anwendungen sind in bestimmten Normen klassifiziert, z.B. in der europäischen Norm EN 60898 (VDE 0641). Den Leitungsschutzschaltern einer Klasse (strombegrenzende Schalter) werden die in dieser Klasse enthaltenen, genormten begrenzenden I2t-Durchlasskennwerte zugewiesen. In diesen Fällen werden normalerweise vom Hersteller keine Kennlinien der Durchlassenergie geliefert.

Vorteile der Strombegrenzung

Die Strombegrenzung reduziert sowohl die thermischen als auch die elektrodynamischen Belastungen aller Stromkreiskomponenten, durch die der Strom fließt und verlängert dadurch deren Lebensdauer. Desweiteren ermöglicht die Kaskadenschaltung eine Begrenzung des Kurzschlussstromes (siehe 4.5), wodurch die Entwicklungs- und Anlagenkosten erheblich reduziert werden.

Die Verwendung von strombegrenzenden Leistungsschaltern bietet zahlreiche Vorteile:

  • Besserer Schutz der Verteilungsnetze: Strombegrenzende Leistungsschalter reduzieren alle schädlichen Auswirkungen von Kurzschlussströmen erheblich.
  • Reduzierung thermischer Auswirkungen: Die Erwärmung der Leiter (und somit der Isolation) wird erheblich reduziert, so dass sich die Lebensdauer der Kabel/Leitungen verlängert.
  • Reduzierung mechanischer Auswirkungen: Die Kräfte durch elektromagnetische Stöße sind geringer, wodurch sich das Risiko von Verformungen und möglicher Brüche, übermäßiger Kontaktabbrand usw. verringert.
  • Reduzierung der Auswirkungen von elektromagnetischen Störbeeinflussungen:
    • Geringere Beeinflussung von Messinstrumenten und den angeschlossenen Stromkreisen, Telekommunikationssystemen usw.

Diese Leistungsschalter bewirken somit eine längere Nutzungsdauer der:

  • Kabel und Leitungen
  • Schienenverteilersysteme
  • Schaltgeräte.

Beispiel

In einem System mit einem prospektiven Kurzschlussstrom von 150 kA eff begrenzt ein Leistungsschalter Compact NSX in der Ausführung L von Schneider Electric den Spitzenstrom auf weniger als 10 % des berechneten prospektiven Spitzenwertes und die thermischen Auswirkungen auf weniger als 1 % der berechneten Werte.

Die Kaskadenschaltung von Schaltgeräten in den verschiedenen Verteilungsebenen einer Anlage mit vorgeschaltetem strombegrenzendem Leistungsschalter führt ebenfalls zu erheblichen Kosteneinsparungen.

Die in Abschnitt 4.5 beschriebene Kaskadierungstechnik ermöglicht erhebliche Kostenersparnisse für Schaltgeräte (weniger leistungsfähige Geräte können dem strombegrenzenden Leistungsschalter nachgeschaltet werden), was zu einer gesamten Kostenreduktion der Installation von bis zu 20 % beitragen kann.

In der Baureihe Compact NSX können selektive Schutzeinrichtungen und Kaskadenschaltungen bis zum maximalen Kurzschlussausschaltvermögen des Schaltgerätes kombiniert werden.

Anmerkung

  1. ^ C steht für Schließen.
    O steht für Öffnen.
    CO steht für Schließen mit anschließendem Öffnen.
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