Bewertung von Energieeinsparungen
Eines der größten Hindernisse, die bei der Ausarbeitung und Umsetzung von Energieeffizienzprojekten überwunden werden müssen, ist die Tatsache, dass keine Finanzdaten für einen überzeugende wirtschaftliche Beurteilung verfügbar sind. Je größer die Investition, desto größer ist auch die Notwendigkeit eines glaubhaften Nachweises der versprochenen Vorteile. Aus diesem Grund haben zuverlässige Methoden zur Bewertung der Ergebnisse bei der Investition in Energieeffizienz eine sehr große Bedeutung.
IPMVP und EVO-Verfahren
Die in diesem Kapitel enthaltenen Informationen wurden Band 1 des von der EVO herausgegebenen IPMVP-Leitfadens entnommen (siehe www.evo-world.org).
Um diese Notwendigkeit zu erfüllen, hat die EVO (Efficiency Evaluation Organization), die zuständige Stelle zur Bewertung der Leistung, das Internationale Protokoll für Leistungsmessung und -überprüfung IPMVP herausgegeben. Dieser Leitfaden beschreibt die Prozesse zur Messung, Kalkulation und Dokumentation von Einsparungen, die durch verschiedene Energieeffizienzprojekte erzielt wurden. Bisher hat EVO drei Bände des IPMVP veröffentlicht. Der erste Band, „Concepts and Options for Determining Energy and Water Savings“ (Konzepte und Möglichkeiten zur Ermittlung von Energie- und Wassereinsparungen), beschreibt Methoden im Bezug auf schwankende Kosten und Genauigkeit zur Ermittlung der Gesamteinsparungen oder nur der Einsparungen durch Energieeffizienz. Schneider Electric nutzt dieses Dokument bei der Planung von Energieeffizienzprojekten.
IPMVP-Grundlagen und Besonderheiten
Vor der Umsetzung einer Energieeffizienzlösung sollte über einen gewissen Zeitraum hinweg eine Untersuchung auf Basis der IPMVP-Grundlagen durchgeführt werden, um die Beziehung zwischen der Nutzung von Energie und den Betriebsbedingungen zu ermitteln. Während diesem Zeitraum werden direkte Messungen durchgeführt oder die Energierechnungen des Standorts untersucht, um Bezugswerte zu definieren.
Nach der Umsetzung werden diese Bezugsdaten genutzt, um die Energiemenge zu bestimmen, die verbraucht worden wäre, wenn die Lösung nicht umgesetzt worden wäre. Diese Energiemenge wird „Adjusted Baseline Energy“, angepasste Basisenergie, genannt. Die eingesparte Energie ist die Differenz dieser „Adjusted Baseline Energy“ und der tatsächlich gemessenen Energiemenge.
Wird im Rahmen eines IPMVP-Programms ein Prüf- und Messungsplan aufgestellt, so muss dieser die folgenden Voraussetzungen erfüllen:
- Genauigkeit
Prüf- und Messberichte sollten für das verfügbare Budget so genau wie möglich sein. Die Kosten für Prüfungen und Messungen sollten im Vergleich zu den voraussichtlichen Einsparungen relativ gering sein.
- Vollständigkeit
Die Untersuchung der Energieeinsparungen sollte den kompletten Umfang des Projekts abdecken.
- Zurückhaltend
Falls Zweifel an den Ergebnissen aufkommen, so sollten die erwogenen Einsparungen durch die Prüf- und Messprozesse nicht zu hoch angesetzt werden.
- Konsistent
Der Energieeffizienzbericht sollte die folgenden Faktoren konsistent abdecken:
- Die verschiedenen Arten von Energieeffizienzprojekten
- Die verschiedenen Arten von Experten, die an jedem Projekt beteiligt sind
- Die verschiedenen Zeiträume jedes Projekts
- Energieeffizienzprojekte und neue Energieversorgungsprojekte
- Relevanz
Bei der Ermittlung von Einsparungen müssen Leistungsparameter gemessen werden, die relevant oder noch nicht bekannt sind, wobei Schätzungen nur für unkritische oder weniger vorhersehbare Parameter gemacht werden.
- Transparenz
Alle Messungen im Rahmen des Prüf- und Messplans müssen klar und detailliert dargestellt werden.
IPMVP-Optionen
Gemäß den Zielen dieses Energieeffizienzansatzes wurden vier Ebenen oder „Optionen“ festgelegt:
- Nachrüstung von Isolationssystemen und Messung aller Schlüsselparameter = Option A
- Nachrüstung von Isolationssystemen und Messung aller Parameter = Option B
- Gesamte Anlage = Option C
- Kalibrierte Simulation = Option D
Abbildung 29 fasst diese Optionen in einer Tabelle zusammen. Der in Abbildung 30 dargestellte Algorithmus zeigt den Auswahlprozess der Optionen für ein Projekt.
Option A | Option B | Option C | Option D | |
---|---|---|---|---|
Finanzielle Ziele | Nachrüstung von Isolationssystemen: Messung von Schlüsselparametern | Nachrüstung von Isolationssystemen: Messung aller Parameter | Gesamte Anlage | Kalibrierte Simulation |
Beschreibung | Einsparungen werden anhand von Daten zu den wichtigsten Leistungsparametern ermittelt, welche den Energieverbrauch des an der Energieeffizienzlösung beteiligten Systems ermittelt. Schätzungen werden für Parameter vorgenommen, die nicht gemessen werden. | Einsparungen werden anhand von Daten zum tatsächlichen Energieverbrauchs des an der Energieeffizienzlösung beteiligten Systems ermittelt. | Einsparungen werden anhand von Daten des tatsächlichen Energieverbrauchs der Anlage oder eines Teilbereichs ermittelt. Die Daten zum Energieverbrauch der gesamten Anlage werden in einem fortlaufenden Prozess während des Meldezeitraums gesammelt. | Einsparungen werden anhand des simulierten Energieverbrauchs der Anlage oder eines Teilbereichs ermittelt. Es muss bewiesen werden, dass die Simulationen ein akkurates Modell der tatsächlichen Energieleistung der Anlage darstellen. |
Berechnung von Einsparungen | Es wird eine technische Berechnung des Energieverbrauchs während dem Basis- und der Meldezeitraum durchgeführt. Diese hat die folgenden Grundlagen:
|
Fortlaufende oder kurzfristige Messungen des Energieverbrauchs während dem Basisund dem Meldezeitraum. | Eine Analyse der Daten im Bezug auf den Energieverbrauch während dem Basis- und dem Meldezeitraum für die gesamte Anlage. Es sind routinemäßige Anpassungen anhand von Techniken wie einfache Vergleiche oder Regressionsanalysen notwendig. | Simulation des Energieverbrauchs anhand von stündlichen oder monatlichen Rechnungsdaten |
Welche Option sollte gewählt werden? | Einerseits sind die Ergebnisse dieser Option eher ungenau, da einige Parameter geschätzt werden, allerdings ist diese Option im Vergleich zu Option B die viel günstigere Variante. | Option B ist teurer als Option A, da Messungen aller Parameter durchgeführt werden. Dies ist die bessere Option für Kunden, die eine höhere Genauigkeit erfordern. | Bei komplexen Energiemanagementprogrammen, die innerhalb einer Anlage viele Systeme umfassen, unterstützt Option C das Erzielen von Einsparungen und hilft dabei, den entsprechenden Prozess zu vereinfachen. | Option D wird nur angewandt, wenn keine Basisdaten verfügbarsind. Dies könnte der Fall sein, wenn an einem Standort vor der Umsetzung der Lösung keine Messungen durchgeführt wurden oder wenn das Sammeln von Basisdaten zu zeit- und kostenintensiv wäre. |
Abb. K29: Überblick der IPMVP-Optionen
Nachhaltige Energieeinsparungen
Sobald die Energieaudits abgeschlossen sind, die Maßnahmen zur Energieeinsparung umgesetzt und die Einsparungen ermittelt wurden, müssen die nachfolgenden Schritte befolgt werden, um zu gewährleisten, dass die Leistung langfristig gehalten werden kann. Die Leistung nimmt ab, wenn kein kontinuierlicher Verbesserungsprozess stattfindet (siehe Abb. K31).
Ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess funktioniert nur, wenn es ein Energieüberwachungssystem gibt, und dieses effizient genutzt und aufrechterhalten wird. Das System unterstützt eine kontinuierliche und proaktive Analyse des Energieverbrauchs am Standort und bietet Empfehlungen zur Verbesserung des elektrischen Verteilersystems.
Oft ist Support notwendig, entweder vor Ort oder per Fernzugriff (über Telefon, E-Mail, VPN (Virtual Private Network) oder einer anderen Art der Fernübertragung), um eine optimale Leistung für diese Art von System und die beste Nutzung der gesammelten Daten zu gewährleisten. Mit seinen Beitrag, Erfahrung und Verfügbarkeit vervollständigt dieser Support außerdem die betriebsinternen Dienste des Betreibers. Die verfügbaren Dienste können folgende Punkte umfassen:
- Überwachung der Leistung von Messgeräten
- Aktualisierung und Anpassung von Software
- Management von Datenbanken (z. B. Archiven)
- Kontinuierliche Anpassung des Überwachungssystems gemäß den wechselnden Anforderungen an Kontrollen.