Einsatz von Kompensationsanlagen: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Planungskompendium Energieverteilung
Wechseln zu:Navigation, Suche
K (1 Version: Imported pages Chapter L (auto cleanup))
(kein Unterschied)

Version vom 23. August 2017, 12:36 Uhr


Kondensatorelemente

Technologie

Kondensatoren zur Blindleistungskompensation werden nach den Normen IEC 60831-1 (VDE 0560-46) und IEC 60831-2 (VDE 0560-46) hergestellt. Es handelt sich um MKP-Kondensatoren (Metallisierter Kunststoff Polypropylen Kondensator), deren Kondensatorwickel aus einer metallisierten Kunststoff-Folie (Dielektrikum) bestehen. Hierzu wird eine ca. 6 bis 12 µm dicke Polypropylen-Folie (Dielektrikum) gleichmäßig metallisiert und gewickelt. Man erhält hierdurch einen selbstheilenden, verlustarmen Leistungskondensator, der keine Imprägnierung erfordert. Es ist somit möglich, einen völlig trockenen Kondensator herzustellen (siehe Abb. L34).

Abb. L34 – Darstellung von selbstheilenden Kondensatoren

Schutzmaßnahmen für den Fehlerfall

Kondensatoren müssen mit einem externen Schutzsystemen (Leistungsschalter, Sicherungen oder Schütz mit Überlastrelais) gegen die Auswirkungen von Überstrom geschützt werden. Dies kann durch Überspannungen oder durch harmonische Oberschwingungen hervorgerufen werden.

Die Ausfallursache eines Kondensators (Ende seiner Lebensdauer, Schwachstelle im Dielektrikum, Überlastung) ist ursächlich ein Selbstheilungsvorgang, bei dem die Fehlerstelle nicht mehr ausreichend isoliert wird.

Zusätzlich zu externen Schutzsystemen werden Kondensatoren auch mit einem eigenen Schutzsystem (Überdruck-Schutzsystem) gegen innere Fehler ausgestattet. Diese Systeme gewährleisten nach einem inneren Fehler das sichere Trennen eines fehlerhaften Kondensators vom Netz (siehe Abb. L35).

Abb. L35 – Ansicht eines dreiphasigen Kondensators, nach Ansprechen des internen Schutzorgans: gebogener Deckel und Anschlüsse getrennt

Der ansteigende Druck bringt eine im Becherkopf angeordnete Membrane in Bewegung. Bei Erreichen eines definierten Drucks schließt eine über der Membrane angeordnete Kupferplatte die Anschlüsse des Kondensators kurz. Hierdurch werden die Leiter unterbrochen und der fehlerhafte Kondensator sicher vom Netz getrennt.

Technische Daten

Nach IEC 60831-1/2 (VDE 0560-46/47) – Selbstheilende Leistungs-Parallelkondensatoren für Wechselstromanlagen mit einer Nennspannung bis 1 KV – sind die wesentlichen elektrischen Merkmale wie folgt festgelegt:


Technische Daten
Kapazitätstoleranz -5 % bis +10 % für Einheiten u. Kondensatorbänke bis 100 kvar

-5 % bis +5 % für Einheiten u. Kondensatorbänke über 100 kvar

Bemessungsfrequenz 50 bzw. 60 Hz
Isolationspegel Spannungsfestigkeit bei 50 Hz für 1 Min.: 4 kV
Stoßspannungsfestigkeit 1,2/50 µs: 15 kV
Spannungsprüfung 2,15 UN für 10 s
Zulässiger Überstrom 1.3 x IN
Zulässige Überspannung 1.1 x UN , 8 h alle 24 h

1.15 x UN , 30 min alle 24 h
1.2 x UN , 5min
1.3 x UN , 1min
2.15 x Ufür 10 s (typ test)

Temperaturbereich Min: von -50 bis +5°C
Max: von +40 bis +55°C
Max: Mittelwert 24h von +45°
Max: Mittelwert 1Jahr von +35°
Entladeeinheit bis 75 V in 3 Minuten oder weniger

Abb. L36: Wesentliche Merkmale von Kondensatoren nach IEC 60831-1/2

Schutz, Überwachung und Anschluss der Kabel

Die Auswahl der einspeisenden Kabel, Schutz- und Überwachunsgsysteme ist von der Stromstärke abhängig.

Für Kondensatoren ist der Strom eine Funktion von:

  • Der Nennspannung (standardmäßig und unter Einfluss von Oberschwingungen)
  • Der Leistung IN

Der Nennstrom IN einer 3-phasigen Kompensationsanlage ist gleich:

[math]\displaystyle{ I_N = \frac{Q}{\sqrt{3} U} }[/math]

mit:

  • Q: Leistung (kvar)
  • U: Phasenspannung (kV)

Es muss ein Überstromschutz entsprechend den durch die harmonischen Oberschwingungen erwarteten Erhöhungen vorgesehen werden. Die nachfolgende Tabelle, Abbildung L37 gibt einen Überblick der in den unterschiedlichen Konfigurationen durch die harmonischen hervorgerufenen Überspannungen, sowie die zughörigen maximalen Überlastfaktoren IMP/IN (IMP = maximal auftretender Strom).

Auswahl Harmonische Oberschwingung THDu max (%) IMP/IN
3 5 7 11 13
Standardkondensatoren 5 1,5
Hochleistungskondensatoren 7 1,8
Hochleistungskondensatoren
+ Verdrosselung 5,7 %
0,5 5 4 3,5 3 10 1,31
Hochleistungskondensatoren
+ Verdrosselung 7 %
0,5 6 4 3,5 3 8 1,19
Hochleistungskondensatoren
+ Verdrosselung 14 %
3 8 7 3,5 3 6 1,12

Abb. L37: Maximal zulässige Überströme

Die Kurzzeitverzögerung der Leistungsschalter (Kurzschlussschutz) sollte auf einen Wert von 10 x IN gestellt werden, um beim Einschaltvorgang die Selektivität zu gewährleisten.

Beispiel 1:

50 kvar – 400V – 50 Hz – Standardkondensatoren

[math]\displaystyle{ I_N = \frac{50}{\sqrt {3}\times 0,4} = 72A }[/math]

Einstellung Langzeitverzögerung Ir: 1,5 x 72 = 108 A

Einstellung Kurzzeitverzögerung Isd: 10 x 72 = 720 A

Beispiel 2:

50 kvar – 400V – 50 Hz – Standardkondensatoren + Verdrosselung 5,7%

Einstellung Langzeitverzögerung Ir: 1,31 x 72 = 94 A

Einstellung Kurzzeitverzögerung Isd: 10 x IN = 720 A

Zuleitungskabel

Abbildung L38 gibt die minimalen Querschnitte der Zuleitungskabel für Kompensationsanlagen an.

Kabel für Steuerstromkreise

Der Mindestquerschnitt für die Steuerstromkreise beträgt 1,5 mm2 bei 230 V. Für die Steuerstromkreise auf der Sekundärseite des

Transformators sind die Mindestquerschnitte ≥ 2,5 mm2.

Leistung Kompensationsanlage
(kvar)
Leiterquerschnitt
Kupfer
Leiterquerschnitt
Aluminium
230 V 400 V (mm2) (mm2)
5 10 2,5 16
10 20 4 16
15 30 6 16
20 40 10 16
25 50 16 25
30 60 25 35
40 80 35 50
50 100 50 70
60 120 70 95
70 140 95 120
90-100 180 120 185
200 150 240
120 240 185 2 x 95
150 250 240 2 x 120
300 2 x 95 2 x 150
180-210 360 2 x 120 2 x 185
245 420 2 x 150 2 x 240
280 480 2 x 185 2 x 300
315 540 2 x 240 3 x 185
350 600 2 x 300 3 x 240
385 660 2 x 300 3 x 240
420 720 3 x 185 3 x 300

Abb. L38: Querschnitte für die Versorgung von Kondensatoranlagen[1]

Überspannungen

Überspannungen und Überströme treten beim Zuschalten einer Kompensationsanlage auf. Die maximal auftretende Spannung überschreitet (kein Auftreten von Harmonischen Oberschwingungen) nicht die doppelte Nennspannung von ungeladenen Kondensatoren.

Wenn ein bereits geladener Kondensator zugeschaltet wird, kann die Überspannung maximal den 3-fachen Wert erreichen.

Die maximalen Werte hängen von folgenden Faktoren ab:

  • Die Spannung an den Kondensatorklemmen ist gleich der Spitzenspannung bezogen auf die Nennspannung.
  • Die Schaltkontakte schließen zum Zeitpunkt der Spitzenspannung der Einspeisung.
  • Die Polarität der Speisespannung ist entgegengesetzt der Ladespannung der Kondensatoren.

In diesem Fall ist der Überstrom auf seinem maximalen, doppelten Wert.

Für alle anderen Werte von Spannung und Polarität eines geladenen Kondensators sind die Überströme und Überspannungen wesentlich geringer als in dem vorbeschriebenen Beispiel.

In den Fällen, in welchen am Kondensator die höchste Nennspannung mit der gleichen Polarität wie der Netzversorgungsspannung auftritt, und der Schalter zu diesem Zeitpunkt geschlossen wird, treten keine Überspannungen oder Überströme auf.

Bei automatisch geregelten Kondensatorstufen muss darauf geachtet werden, dass die abgeschalteten Kondensatorstufen vollständig entladen werden.

Die Entladezeit kann durch die Verwendung von Entladewiderständen mit einem geringerem Widerstand verkürzt werden.


Anmerkung

  1. ^ Mindestquerschnitt der Leiter ohne Berücksichtigung von Korrekturfaktoren (Verlegeart, Umgebungstemperatur usw.). Die Berechnungen gelten für einpolige Kabel, verlegt in freier Luft bei einer Umgebungstemperatur von 30° C.
Teilen