Kompensation der vom Transformator aufgenommenen Blindleistung: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 23. August 2017, 12:36 Uhr
Wird an der HS-Seite eines Transformators eine Messung durchgeführt, müssen die Blindleistungsverluste im Transformator ggf. mitkompensiert werden.
Induktiver Blindwiderstand von Transformatoren
Wird an der HS-Seite eines Verteiltransformators eine Tarifmessung durchgeführt, müssen die Blindleistungsverluste im Transformator ggf. kompensiert werden. Sind nur die Blindleistungsverluste betroffen, kann ein Transformator durch das in Abb. L19 enthaltene einfache Schaltbild dargestellt werden. Alle Blindwiderstandswerte beziehen sich auf die Sekundärseite des Transformators. Der Parallelzweig stellt den Weg des Magnetisierungsstroms dar. Der Magnetisierungsstrom bleibt bei Normalbetrieb, d.h. bei einer konstanten Primärspannung bei Leerlauf (ca. 1,8 % des Bemessungsbetriebsstroms) und bei voller Belastung praktisch konstant, so dass eine parallelgeschaltete Festkompensation an der NS-Seite angeschlossen werden kann, um die aufgenommene Leerlaufblindleistung zu kompensieren.
In Transformatoren wird Blindleistung sowohl von parallelen (Magnetisierungs-)Reaktanzen als auch von (Streu-)Reaktanzen in Reihe aufgenommen. Die von einem Transformator aufgenommene Blindleistung ist nicht vernachlässigbar und kann bis zu (ca.) 5 % der Bemessungsleistung des Transformators bei Volllast betragen. Die Kompensation dieser Blindleistung wird im Anwendungsfall zusammen von Festkompensationsanlagen (oder Feststufen) für den Leerlaufbetrieb und geregelten Kompensationsanlagen durchgeführt.
Blindleistungsaufnahme XL bei in Reihe geschalteten (Streu-) Reaktanzen
Dieser Sachverhalt wird durch das Vektordiagramm in Abb. L20 veranschaulicht.
Die Blindstromkomponente durch die Last = I x sin φ, so dass QL = U0 x I x sin φ.
Die Blindstromkomponente von der Quelle = I x sin φ’, so dass QE = E x I x sin φ’.
Man sieht, dass E > U0 und sin φ’ > sin φ.
Die Differenz zwischen E x I x sin φ’ und U0 x I x sin φ ergibt den von XL aufgenommenen kvar-Wert pro Phase.
Man sieht, dass dieser kvar-Wert I2 x XL entspricht.
Aus der I2 x XL-Formel kann die aufgenommene Blindleistung bei jedem beliebigen Lastwert für einen gegebenen Transformator einfach wie folgt hergeleitet werden:
Werden Werte pro Einheit verwendet (anstelle von prozentualen Werten), können
I und XL direkt multipliziert werden.
Beispiel:
Ein 630 kVA-Transformator mit einer relativen Kurzschluss(reaktanz)spannung von 4 % wird voll belastet.
Wie hoch ist sein Blindleistungsverlust (kvar)?
uK = 4 % = 0,04, Sn = 630 kVA
Verluste: In2 x XL = In2 x uK x Un/In = uK x In x Un = uK x Sn
Die dreiphasigen Blindleistungsverluste betragen 630 x 0,04 = 25,2 kvar (oder einfach 4 % von 630 kVA).
Bei halber Last gilt:
Verluste:
(0,5 x In 2 x XL = 0,25 x In2 x uK x Un/In = 0,25 x uK x In x Un =
0,25 x uK x Sn = 0,25 x 0,04 xn = 0,01 x 630 = 6,3 kvar
Dieses Beispiel und das Vektordiagramm in Abbildung L20 zeigen, dass:
- die Blindleistungsverluste durch die Streureaktanz bei Volllast der prozentualen Transformatorreaktanz entsprechen (eine Reaktanz von 4 % bedeutet einen Blindleistungsverlust von 4 % der Bemessungsleistung (kVA) des Transformators),
- sich die Blindleistungsverluste aufgrund der Streureaktanz entsprechend dem Strom (oder kVA-Belastung) im Quadrat ändern.
Zur Bestimmung der Gesamtblindleistungsverluste eines Transformators müssen die konstanten Verluste des Magnetisierungsstromkreises (ca. 1,8 % der Transformator-Bemessungsleistung kVA) den vorangehenden „in Reihe geschalteten“ Verlusten hinzugefügt werden. Abb. L21 enthält die Blindleistungsverluste bei Leerlauf und Volllast für typische Verteiltransformatoren. Grundsätzlich können in Reihe geschaltete induktive Blindwiderstände durch in Reihe geschaltete Festkondensatoren kompensiert werden (gebräuchlich bei langen HS-Übertragungsleitungen). Der Betrieb dieser Anordnung ist dennoch schwierig, so dass bei den in diesem Kompendium betrachteten Spannungswerten immer eine Parallelkompensation durchgeführt wird.
Bei einer HS-Messung genügt eine Erhöhung des Leistungsfaktors auf einen Wert, bei dem der Blindleistungsverbrauch des Transformators und der Last unter dem Wert liegt, ab dem zusätzliche Entgelte für Blindenergie berechnet werden. Dieser Wert ist tarifabhängig, entspricht aber häufig einem tan φ-Wert von 0,48 (cos φ von 0,90).
Bemessungs- leistung (kVA) |
Zu kompensierende Blindleistung (kvar) | |
---|---|---|
Leerlauf | Volllast | |
100 | 2,5 | 6,1 |
160 | 3,7 | 9,6 |
250 | 5,3 | 14,7 |
315 | 6,3 | 18,4 |
400 | 7,6 | 22,9 |
500 | 9,5 | 28,7 |
630 | 11,3 | 35,7 |
800 | 20 | 54,5 |
1000 | 23,9 | 72,4 |
1250 | 27,4 | 94,5 |
1600 | 31,9 | 126 |
2000 | 37,8 | 176 |
Abb. L21: Blindleistungsverbrauch von Verteiltransformatoren mit 20 kV-Primärwicklungen
Damit bei der HS-Messung der geforderte Leistungsfaktor sicher erreicht wird, ist es wichtig, die Leerlaufblindleistung und die lastabhängigen Blindleistungsverluste der Transformatoren bei der Kompensation mit zu berücksichtigen.
Dieses wird in der Praxis dadurch erreicht, dass die Leerlaufblindleistung der Transformatoren mit einer Festkompensationsanlage (s. Abb. L22) kompensiert werden.
Die lastabhängigen Blindleistungsverluste werden durch eine entsprechend höhere lastseitige Kompensation vorgenommen.
Auf der Mittelspannungsseite entsteht so ein mittlerer Leistungsfaktor, der den Anforderungen genügt.