Empfehlungen zur Optimierung der Verteilnetzarchitektur: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 10. August 2017, 13:14 Uhr


Diese Empfehlungen sollen dem Planer Wege zur Optimierung der Verteilnetzarchitektur aufzeigen, die eine noch genauere Erfüllung der Anforderungen ermöglichen.

Arbeitsaufwand vor Ort

Um „spezielle“ bzw. „kritische“ Zeitvorgaben für die Arbeit vor Ort einzu­hal­ten, wird empfohlen, bestimmte Unsicherheitsfaktoren durch Befolgen der nachstehenden Empfehlungen zu minimieren:

  • Vom Hersteller validierte und getestete, normenkonforme und standardisierte Schaltanlagen, Ausführung nach den für das Projekt festgelegten Anwendungskriterien,
  • Einsatz von Betriebsmitteln, die sowohl verfügbar sind und für welche die technische Unterstützung vor Ort sichergestellt ist,
  • Vorzug für fabrikfertige Betriebsmittel (HS/NS-Verteilnetzstationen, Schienenverteilersysteme) zur Verringerung des Arbeitsaufkommens vor Ort,
  • Beschränkung der Typenvielfalt der verbauten Betriebsmittel (z.B. Trafos mit nur wenigen Leistungsklassen),
  • keine Bestückung mit Betriebsmitteln verschiedener Hersteller.

Umwelteinflüsse

Zur Optimierung der Ökobilanz einer Anlage sind folgende Faktoren zu berücksichtigen:

  • Verlustleistung der eingesetzten Betriebsmittel bei Nennlast und im lastfreien Zustand, betrachtet auf die Lebensdauer und die Jahresverlustleistung,
  • Ökobilanz der zur Erstellung der Anlage eingesetzten Werkstoffe.

Diese beiden Ziele stehen, jedes für sich genommen, bei der isolierten Betrachtung eines Einzelgerätes scheinbar im Widerspruch zueinander. Auf Anlagenebene ist es jedoch möglich, die Architektur so zu planen, dass beide Ziele erfolgreich umgesetzt werden können. Die optimale Architektur ergibt sich deshalb nicht aus der Summe der am besten geeig­neten Einzelbetriebsmittel, sondern ist das Ergebnis einer Optimierung der Gesamtanlage. Abbildung D25 zeigt ein Beispiel, wie die einzelnen Betriebsmittelkategorien zum Gewicht und zur Verlustleistung einer über eine Fläche von 10000m2 verteilten 3500-kVA-Anlage beitragen.


Abb. D25 – Beispiel zur prozentualen Verteilung der Verlustleistung und des Werkstoffgewichts für alle Betriebsmittelkategorien


Allgemein ausgedrückt, leisten die NS-Kabel und -Schienenverteiler sowie die HS/NS- Verteiltransformatoren den Hauptbeitrag zu den Energieverlusten im laufenden Betrieb und dem Gesamtgewicht der Betriebsmittel. Die Optimierung einer Anlagen­architektur unter Umweltgesichtspunkten muss deshalb Folgendes leisten:

  • Bei Stromkreisabgängen kann man durch Einsatz von Leistungsschaltern anstatt NH-Sicherungen die Verlustleistung zwischen 20-50% pro Abgang reduzieren.
  • Die Zuleitungslänge der NS-Stromkreise in der Anlage reduzieren.
  • Nach Möglichkeit für einen Zusammenfassung der NS-Stromkreise sorgen, um den Gleichzeitig­keits­faktor ks zu nutzen (siehe Kapitel A: Allgemeine Planungs­grundlagen für elektrische Anlagen, Kapitel A – Gesamtleistungsaufnahme einer Anlage, 4.3 „Voraussichtlicher max. Scheinleistungsbedarf“).
Ziele Handlungsoptionen
Reduzierung der Zuleitungslänge von NS-Stromkreisen Platzierung von HS/NS-Verteilnetzstationen so nahe wie möglich am Lastschwerpunkt der zu versorgenden NS-Verbraucher
Platzierung von HS/NS-Verteilnetzstationen so nahe wie möglich am Lastschwerpunkt der zu versorgenden NS-Verbraucher Wenn der Gleichzeitigkeitsfaktor einer Gruppe von zu versorgenden Verbrauchern kleiner als 0,7 ist, lässt sich durch Zusammenfassen von Stromkreisen das Volumen der zur Versorgung dieser Verbraucher genutzten Leiter reduzieren.

Dies bedeutet in der Praxis:

  • so nahe wie möglich am Schwerpunkt örtlich konzentrierter Verbrauchergruppen Unterverteilungen vorzusehen,
  • so nahe wie möglich am Schwerpunkt verteilter Verbrauchergruppen Schienenverteilersysteme vorzusehen.

Bei der Suche nach der optimalen Lösung sind u.U. mehrere Szenarien zur Zusammenfassung in Betracht zu ziehen.

Die Verringerung des Abstands zwischen dem Schwerpunkt einer Gruppe von Verbrauchern und dem versorgenden Betriebsmittel verbessert in jedem Fall die Ökobilanz.

Abb. D26: Optimierung nach Umweltschutzgesichtspunkten: Ziele und Handlungsoptionen.

Das Beispiel in Abbildung D27 zeigt, wie sich die Zusammenfassung von Strom­kreisen auf die Verringerung des Abstands zwischen dem Verbraucher­schwer­punkt einer Anlage und den in Betracht gezogenen Energie­quel­len auswirkt (Lage der NSHV vorgegeben). Dieses Beispiel gilt für eine Mineralwasserabfüllanlage:

  • bei der aus Gründen der Zugänglichkeit und des Umweltschutzes die Aufstellung der elektrischen Betriebsmittel (NSHV) außerhalb des Prozessbereichs im Werk vorgegeben ist,
  • die installierte Leistung ca. 4 MVA beträgt.

Bei Lösung Nr.1 sind die Stromkreise nach Werkhallen verteilt, bei Lösung Nr. 2 nach Prozessfunktionen (Produktionslinien).


Abb. D27 – Beispiele für verschiedene Lastschwerpunkte

Ohne die Anordnung der elektrischen Betriebsmittel zu ändern, ermöglicht die zweite Lösung Einsparungen von ca. 15% beim Gewicht der zu installierenden NS-Kabel (auf Kosten der Länge) sowie eine gleichmäßigere Auslastung der Transformatoren. Zur weiteren Optimierung der Architektur tragen folgende flankierende Maßnahmen bei:

  • Einsatz einer automatisch geregelten Kompensationsanlage, so dass die Leitungsverluste zu den Transformatoren und in den NS-Abgangsstromkreisen begrenzt werden,
  • Einsatz von Transformatoren mit stark reduzierten Leerlauf- und Kurzschlussverlusten,
  • nach Möglichkeit Einsatz von NS-Schienenverteilern aus Aluminium, geringeres Gewicht und höheres Vorkommen dieses Metalls gegenüber Kupfer.


Wartungsumfang

Empfehlungen zur Reduzierung des Umfangs der vorbeugenden Wartung:

  • Es gelten dieselben Empfehlungen wie für die Reduzierung des Arbeitsaufwandes vor Ort.
  • Wartungsarbeiten auf kritische Stromkreise konzentrieren,
  • Betriebsmittelauswahl standardisieren,
  • Verwendung von für den Einsatz unter besonderen Betriebsbedingungen vorgesehenen Betriebsmitteln (mit entsprechend geringerem Wartungsaufwand).


Versorgungssicherheit

Empfehlungen zur Verbesserung der Versorgungssicherheit:

  • Reduzieren der Anzahl von Abgangsstromkreisen pro Schaltanlage, um die Folgen eines möglichen Ausfalls einer Schaltanlage zu begrenzen,
  • Verteilen der Abgangsstromkreise nach Verfügbarkeitsanforderungen,
  • Einsatz von anforderungsgerechten Betriebsmitteln (siehe Service-Level-Index, 4.2),
  • Befolgen der für die Planungsschritte 1 und 2 vorgeschlagenen Auswahlrichtlinien (siehe Abb. D3).

Empfehlungen zur Erhöhung des Verfügbarkeitsgrades:

  • Umstellen von einer radialen Einzelzuleitung auf eine parallele Konfiguration,
  • Umstellen von einer parallelen auf eine doppelseitige Konfiguration,
  • Umstellen von einer doppelseitigen Konfiguration auf eine unterbrechungsfreie Konfiguration mit USV und einem automatischen Netzumschalter
  • Erhöhen der vorbeugenden Wartung (Reduzierung der MTTR, Erhöhung der MTBF)
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