Schutz von Transformatoren und Stromkreisen: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 9. August 2017, 14:57 Uhr
Allgemeines
Die elektrischen Anlagen, Betriebsmittel und Stromkreise in einer Umspannstation müssen geschützt werden, um Beschädigungen aufgrund von abnormalen Strömen und/oder Spannungen zu vermeiden oder zu begrenzen. Alle normalerweise in elektrischen Anlagen verwendeten Betriebsmittel haben genormte Bemessungswerte. Das Schutzkonzept dieser Anlage sollte daher gewährleisten, dass diese Bemessungswerte nie überschritten werden können. Im Allgemeinen bedeutet das, dass Fehlerbedingungen so schnell wie möglich beseitigt werden müssen, wobei die einwandfreie Koordination zwischen den (den zu schützenden Geräten vor- und nach-geschalteten) Schutzgeräten weiterhin gewährleistet sein muss. Das heißt, dass bei Auftreten eines Fehlers in einem Netz im Allgemeinen mehrere Schutzgeräte diesen Fehler gleichzeitig erfassen, jedoch nur das der Fehlerstelle am nächsten liegende auslösen soll.
Diese Schutzeinrichtungen können sein:
- Sicherungen zur direkten Unterbrechung des fehlerhaften Stromkreises. Sie können auch zusammen mit einer mechanischen Auslösevorrichtung verwendet werden, die einen entsprechend angeschlossenen dreiphasigen Lasttrennschalter öffnet.
- Schutzrelais zur Auslösung eines Leistungsschalters.
Transformatorschutz
Belastungen durch das Versorgungsnetz
Im Versorgungsnetz können Überspannungen auftreten, durch:
- atmosphärische Störungen, z.B. durch einen Blitzeinschlag in oder in der Nähe einer Freileitung,
- betriebsbedingte Schaltüberspannungen.
Eine plötzliche Änderung der vorhandenen Betriebsbedingungen in einem elektrischen Netz verursacht transiente Vorgänge. Dies sind im Allgemeinen Überspannungen mit hoher Frequenz oder gedämpfter Schwingung.
Ein häufig verwendetes Schutzgerät zur Verhinderung der Auswirkungen von Überspannungen ist der Varistor (Zinkoxid).
In den meisten Fällen hat der Schutz bei Überspannungen keinen Einfluss auf die Schaltgeräte.
Belastungen durch Überlast
Eine Überlast tritt in erster Linie durch motorische Verbraucher auf und ist häufig auf den nicht berücksichtigten gleichzeitigen Bedarf, den Anstieg des Scheinleistungsbedarfs (kVA) oder aber durch zu geringe Dimensionierung der Anlage durch Firmenexpansionen mit daraus resultierenden Gebäudeerweiterungen usw. zurückzuführen. Ein Lastanstieg führt zu einer Temperaturerhöhung in den Betriebsmitteln und der Isolierwerkstoffe (Transformatoren, Kabel und Leitungen, Leistungsschalter usw.). Folglich führen höhere Temperaturen zu einer kürzeren Lebensdauer der Anlagen und Betriebsmittel. Überlastschutzeinrichtungen können an der Primär- oder Sekundärseite des Transformators errichtet werden.
Der Überlastschutz eines Transformators wird durch ein digitales Relais gewährleistet, das die Auslösung des Leistungsschalters an der Primärseite des Transformators verursacht. Solche Relais werden im Allgemeinen als „thermische Überlastrelais” bezeichnet, und sie simulieren künstlich die Temperatur, wobei die Zeitkonstante des Transformators berücksichtigt wird. Einige dieser Relais können die Auswirkungen von Oberschwingungsströmen durch nichtlineare Lasten berücksichtigen (Gleichrichter, PCs, Frequenzumrichter usw.). Mit diesen Relaisausführungen kann man sowohl die Wartezeit nach einer Auslösung aufgrund eines Überlaststromes als auch die Wartezeit vor erneutem Anlauf sowie die Zeitkonstante bei Abkühlung einstellen. Diese Informationen sind bei Lastabwurfbetrieb sehr hilfreich. Solche Funktionen sind z.B. in digitalen Schutzrelais von Schneider Electric vom Typ Sepam oder Micom enthalten.
Desweiteren haben größere Öltransformatoren häufig eingebaute analoge Schutzgeräte mit zwei Einstellwerten für die Temperatur des Isolieröles: einen Alarm-Einstellwert und einen Auslöse-Einstellwert.
Im Gegensatz hierzu werden bei Trockentransformatoren in die Wicklungsisolierung Wärmesensoren eingebracht (sogenannte PTC's = Positive Temperature Coefficient oder PT100-Widerstände), die in Zusammenarbeit mit einem entsprechenden Auswertegerät für die Alarm- und Auslösefunktionen eingesetzt werden.
Interne Fehler
Der Transformatorschutz gegen die Auswirkungen interner Fehler ist bei Transformatoren, die mit einem Ausdehnungsgefäß ausgestattet sind, durch ein herkömmliches mechanisches Buchholzrelais gewährleistet (siehe Abb. B15). Diese mechanischen Relais können langsam ansteigende Gasansammlungen erfassen, die bei beginnenden Fehlern in der Wicklungsisolierung oder durch den Lufteintritt aufgrund einer undichten Stelle entstehen. Dieser erste Erfassungs-Ansprechwert löst im Allgemeinen einen Alarm aus. Verschlimmern sich die Bedingungen, führt ein zweiter Erfassungs-Ansprechwert zur Auslösung des vorgeschalteten HS-Schaltgerätes.
Die Erfassungsfunktion einer Ölausdehnung des Buchholzrelais führt zur „unverzögerten” Auslösung des vorgeschalteten HS-Schaltgerätes, wenn eine Ölströmung im Verbindungsrohr zwischen dem Transformatorkessel und dem Ausdehnungsgefäß auftritt.
Ein solcher Anstieg tritt nur aufgrund von Ölströmungen durch sich schnell bildende Gasblasen auf, die durch einen Lichtbogen, hervorgerufen durch einen Kurzschluss in den Wicklungen, im Öl erzeugt werden.
Durch die Entwicklung flexibler Kühlrippen des Ölkessels sind derzeit Transformatoren ohne Ölausdehnungsgefäß bis zu 10 MVA erhältlich.
Eine Ölausdehnung führt durch den ausgleichenden Effekt der Kühlrippen nicht zu einer gefährlichen Druckerhöhung. Eine vollständige Beschreibung dieser Transformatoren finden Sie in Abschnitt 4.4 (siehe Abb. B16).
Die zuvor erwähnten Buchholzrelais können in dieser Ausführung nicht angewendet werden. Es wurde jedoch ein Gegenstück entwickelt zur Messung:
- von Gasansammlungen,
- des Überdrucks,
- der Übertemperatur.
Die ersten zwei Punkte führen zur Auslösung des vorgeschalteten HS-Schaltgerätes und der dritte Punkt führt zur Auslösung des nachgeschalteten NS-Schaltgerätes des Transformators.
Interner Kurzschluss zwischen den Außenleitern
Ein interner Kurzschluss im Trafo zwischen den Außenleitern muss erfasst und der Transformator durch die Schutzeinrichtung vom Netz getrennt werden durch:
- HH-Sicherungen an der Primärseite des Transformators oder
- ein Überstromrelais, das zur Auslösung eines dem Transformator vorgeschalteten HS-Leistungsschalters führt.
Interner Kurzschluss zwischen Außenleiter und Erde
Dies ist der am häufigsten auftretende interne Fehler. Er muss durch ein Erdschlussrelais erfasst werden. Der Erdschlussstrom kann aus der Summe der drei Außenleiterströme (wenn drei Stromwandler verwendet werden) oder durch einen speziellen Ringstromwandler berechnet werden.
Ist eine große Empfindlichkeit notwendig, sind spezielle Ringstromwandler zu bevorzugen. In solch einem Fall ist ein Satz mit zwei Stromwandlern ausreichend (siehe Abb. B17).
Schutz von Stromkreisen
Der Schutz von (dem Transformator nachgeschalteten) NS-Stromkreisen, muss den Anforderungen der IEC 60364 (VDE 0100) entsprechen.
Selektivität zwischen den vor- und nachgeschalteten Schutzgeräten des Transformators
Die Kundenstation mit HS-Messung erfordert Selektivität zwischen den (dem Transformator vorgeschalteten) HS-Leistungsschaltern bzw. HH-Sicherungen (Hochspannungs-Hochleistungs-Sicherungen) und den nachgeschalteten NS-Leistungsschaltern bzw. NH-Sicherungen. Die Baugröße der HH-Sicherungen wird gemäß den Transformatorkenndaten gewählt.
Die Auslöseeigenschaften des NS-Leistungsschalters müssen gewährleisten, dass der NS-Leistungsschalter bei einem nachgeschalteten Fehler in Form von Überlast oder Kurzschluss sicher innerhalb der Zeit auslöst, so dass die HH-Sicherungen oder der HS-Leistungsschalter aufgrund von dem sie durchfließenden Fehlerstrom nicht auslösen.
Die Auslösekennlinien für HH-Sicherungen, HS- und NS-Leistungsschalter werden in Zeit-Strom-Kennlinien dargestellt. Typische Kennlinien sind in Abbildung B18 dargestellt.
- Erhalt der Selektivität:
Die Kennlinie des HS-Leistungsschalters oder der HH-Sicherung muss komplett über und rechts der NS-Leistungsschalter-Kennlinie liegen.
- Vermeidung einer negativen Beeinflussung (d.h. einer Beschädigung) der Sicherungen:
Die Kennlinie für die Mindestschmelzzeit der HH-Sicherung muss komplett rechts der NS-Leistungsschalter-Kennlinie liegen (mindestens um den Faktor 1,35: Verläuft z.B. zu einer Zeit t die NS-Leistungsschalter-Kennlinie durch einen Punkt, der I = 100 A entspricht, muss die HH-Sicherungs-Kennlinie zur gleichen Zeit t durch einen Punkt verlaufen, der mindestens I = 135 A entspricht, usw.). Die HH-Sicherungskennlinie muss komplett über der NS-Leistungsschalter-Kennlinie liegen (mindestens um den Faktor 2: wenn z.B. bei einer Stromstärke I die NS-Leistungsschalter-Kennlinie durch einen Punkt verläuft, der t = 1,5 s entspricht, muss die Sicherungskennlinie bei der gleichen Stromstärke I durch einen Punkt verlaufen, der mindestens t = 3 s entspricht, usw.).
Die Faktoren 1,35 und 2 basieren auf den maximalen Standard-Herstellungstoleranzen für HH-Sicherungen und NS-Leistungsschalter.
Um die beiden Kennlinien miteinander vergleichen zu können, müssen die HS-Ströme in die entsprechenden NS-Ströme konvertiert werden, bzw. umgekehrt.
Bei Verwendung eines NS-Sicherungslasttrennschalters muss auf eine ähnliche Trennung der charakteristischen Kennlinien der HH- und NH-Sicherungen geachtet werden.
- Nichtauslösung des HS-Leistungsschalters durch den HS-Schutz:
Die Kennlinie für den HS-Leistungsschalter muss komplett rechts der NS-Leistungsschalter-Kennlinie liegen (mindestens um den Faktor 1,35: wenn z.B. zu einer Zeit t die NS-Leistungsschalter-Kennlinie durch einen Punkt verläuft, der I = 100 A entspricht, muss die HS-Leistungsschalter-Kennlinie zur gleichen Zeit t durch einen Punkt verlaufen, der mindestens I = 135 A entspricht, usw.). Die HS-Leistungsschalter-Kennlinie muss komplett über der NS-Leistungsschalter-Kennlinie liegen (die Zeit der NS-Leistungsschalter-Kennlinie muss kleiner oder gleich der HS-Leistungsschalter-Kennlinie t = 0,3 s sein).
Die Faktoren 1,35 und 0,3 basieren auf maximalen Standard-Herstellungstoleranzen für HS-Stromwandler, HS-Schutzrelais und NS-Leistungsschalter.
Um die beiden Kennlinien miteinander zu vergleichen, müssen die HS-Ströme in die entsprechenden NS-Ströme konvertiert werden, bzw. umgekehrt.
Abbildung B19 veranschaulicht diese Anforderungen.
Bei Verwendung eines NS-Sicherungslasttrennschalters muss auf eine ähnliche Trennung der charakteristischen Kennlinien der HH- und NH-Sicherungen geachtet werden.
Wahl eines Schutzgerätes an der Primärseite des Transformators
Wie bereits beschrieben wurde, kann bei niedrigem Bemessungsbetriebsstrom der Schutz durch HH-Sicherungen oder NS-Leistungsschalter gewährleistet werden. Bei hohem Bemessungsbetriebsstrom wird der Schutz durch Leistungsschalter gewährleistet. Der Schutz durch Leistungsschalter ermöglicht einen, verglichen mit Sicherungen, wirksameren Transformatorenschutz. Zusätzliche Schutzfunktionen (Erdschlussschutz, thermischer Überlastschutz, thermisches Abbild) können bei der Variante mit Leistungsschaltern leichter realisiert werden.