Vorgehensweise bei der Errichtung einer neuen Netzstation: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 9. August 2017, 14:57 Uhr
Bei großen Energieverbrauchern erfolgt die Versorgung immer über Hochspannung.
Bei NS-Netzen, die mit Spannungen von 120/208 V (3-phasig, 4 Leiter) betrieben werden, kann eine Last von 50 kVA schon als „groß“ gelten, während ein „großer“ Verbraucher in einem dreiphasigen 230/400 V-Netz durchaus mehr als 100 kVA haben kann. Beide Versorgungsspannungen werden in vielen Ländern eingesetzt.
In Europa soll bis 2008 eine einheitliche Spannung von 230/400 V für dreiphasige Netze mit 4 Leitern angestrebt werden. Hierbei handelt es sich um Kompromisswerte, die es in bestehenden Netzen mit Spannungen von 220/380 V und 240/415 V oder Spannungen, die sehr nahe bei diesen Werten liegen, ermöglichen, den vorgeschlagenen Standard einfach durch Einstellung der Umsteller in standardmäßigen Transformatoren von Energieverteilnetzen zu erreichen.
Auch die Wegstrecke, über die die Energie zu transportieren ist, spielt bei der Entscheidungsfindung über HS- oder NS-Versorgung eine wichtige Rolle. Ein typisches Beispiel hierfür ist die Versorgung kleiner und abseits liegender Abnehmer in dünn besiedelten Gebieten. Die Entscheidung für oder gegen eine HS- oder NS-Versorgung wird von den örtlichen Gegebenheiten und den eingangs angesprochenen Erwägungen abhängen und im Allgemeinen von dem für das jeweilige Gebiet zuständigen Netzbetreiber vorgeschrieben.
Wenn entschieden wurde, dass die Energieversorgung über Hochspannung erfolgen soll, gibt es in der Regel zwei Verfahrensweisen:
1 - Der Netzbetreiber errichtet eine Umspannstation in der Nähe des Kundenstandortes, der Verteiltransformator (bzw. die Verteiltransformatoren) befindet(en) sich aber in einem Transformatorraum auf dem Grundstück des Kunden in der Nähe des Lastzentrums.
2 - Der Kunde errichtet und bestückt eine eigene Umspannstation auf seinem Grundstück und der Anschluss an das HS-Netz erfolgt durch den Netzbetreiber. Bei Variante 1 gehören dem Netzbetreiber die Umspannstation, die Zuleitung(en) zu den Transformatoren, die Transformatoren und auch die Transformatorräume, zu denen er uneingeschränkten Zugang haben muss. Die Transformatorräume werden nach den Plänen und Vorgaben des Netzbetreibers errichtet und verfügen über Fundament, Ölauffangwanne, Brandschutzwände und -decken, Lüftungsanlage, Beleuchtungsanlage und Erdungsanlagen, die alle vom Netzbetreiber abzunehmen sind.
Ein zu vereinbarender Teil des Bereitstellungsaufwandes fließt in den Versorgungstarif ein.
Für die Projektplanung und -realisierung gelten in beiden Varianten identische Grundsätze. Die nachfolgenden Hinweise beziehen sich auf Variante Nr. 2.
Vorabinformationen
Bei einem solchen Projekt muss der Kunde dem Netzbetreiber bestimmte Daten möglichst frühzeitig zur Verfügung stellen.
Vor dem Einstieg in Verhandlungen oder Gespräche mit dem Netzbetreiber müssen die nachfolgenden grundsätzlichen Informationen und Materialien verfügbar sein:
Voraussichtlicher maximaler Scheinleistungsbedarf (kVA)
Die Vorgehensweise zur Bestimmung dieses Parameters ist in Kapitel A beschrieben, wobei eventueller zukünftiger Mehrbedarf unbedingt zu berücksichtigen ist.
In dieser Projektphase sind zwei Faktoren zu bestimmen:
- der Verwendungsfaktor (ku)
- der Gleichzeitigkeitsfaktor (ks)
Aufstellungspläne und -höhe für den Standort der geplanten Umspannstation
In den Plänen müssen die Zugangswege/Zugänge zur geplanten Umspannstation klar gekennzeichnet sein; dazu gehören die Maße möglicher Verengungen, wie beispielsweise Zugangskorridore und Deckenhöhe und auch die Tragfähigkeit (Gewicht) usw. Die folgenden Punkte sind besonders wichtig:
- Das Personal des Netzbetreibers muss jederzeit uneingeschränkten Zugang zur HS-Anlage in der Umspannstation haben.
- Der Zugang zur Umspannstation darf ausschließlich qualifiziertem und entsprechend autorisiertem Personal des Kunden möglich sein.
- Ggf. muss aufgrund gesetzlicher Bestimmungen oder Vorgaben des Netzbetreibers der vom Betreiber betriebene Teil der Anlage von dem kundenseitig betriebenen Teil getrennt in einem separaten Raum untergebracht werden.
Erforderliche Versorgungssicherheit
Der Kunde muss die Folgen abschätzen, die ein Ausfall der Versorgung je nach Dauer hätte:
- Produktionsverlust
- Arbeitssicherheit und Geräteschutz
Projektstudien
Der Netzbetreiber muss dem zukünftigen Kunden bestimmte Informationen bereitstellen.
Anhand der kundenseitig bereitgestellten Informationen muss der Netzbetreiber folgende Angaben machen:
Beabsichtigte Energieversorgungsart unter Nennung:
- der Versorgungsnetzart: Freileitung oder im Erdreich verlegte Kabel oder Leitungen,
- der Anschlussart: Stichleitung, Ringnetz, Paralleleinspeisung usw.,
- der Anschlussleistung (kVA).
Netznennspannung und Bemessungsspannung
Obere Grenze der höchsten Spannung des Netzes (zum aktuellen Zeitpunkt oder zukünftig, je nach Weiterentwicklung des Netzes), für welche ein Schaltgerät bemessen sein muss.
Detailangaben zur Strommessung mit Angabe von:
- Anschlusskosten an das Energieversorgungsnetz,
- Tarifregelungen (Verbrauchspreise und Grundpreise).
Errichtung
Für die in der Umspannstation zu errichtenden Betriebsmittel und auch die Verlegearten ist die Genehmigung des Netzbetreibers erforderlich.
Die Genehmigung des Netzbetreibers muss vor Beginn der Errichtung der Anlage vorliegen. Dem Antrag auf Genehmigung sind die nachfolgend genannten Informationen zwingend beizufügen:
- Standort der geplanten Umspannstation,
- Stromlaufplan und Anschlüsse des Leistungsteils, einschließlich geplanter Erdungsmaßnahmen,
- detaillierte Angaben zu den elektrischen Anlagen und Betriebsmitteln, die errichtet werden sollen, einschließlich Leistungskenndaten,
- Anordnung der Anlagen und Betriebsmittel und Messeinrichtungen,
- ggf. geplante Vorkehrungen zur Leistungsfaktorverbesserung,
- ggf. erforderliche Notstromversorgungen (HS oder NS).
Inbetriebnahme
Nach erfolgter Prüfung und Abnahme der Anlage durch den Netzbetreiber, wird sie durch den Betreiber ans Versorgungsnetz zugeschaltet.
Die Anlage muss vor der Zuschaltung an das Energieversorgungsnetz bestimmte Inbetriebnahmetests erfolgreich absolvieren. Auch wenn solche Tests nicht erforderlich sind, sollten die folgenden Prüfungen durchgeführt werden:
- Messung der Widerstände der Erder,
- Durchgängigkeit aller Potentialausgleichs- und -erdungsleiter,
- Prüfung und Tests aller HS-Komponenten,
- Spannungsprüfung der HS-Anlagen und -Betriebsmittel,
- Prüfung und Tests der NS-Anlage in der Umspannstation,
- Prüfung aller (mechanischen und elektrischen) Verriegelungen und aller automatischen Schaltfolgen,
- Prüfung der Schutzrelais auf einwandfreien Betrieb und deren korrekte Einstellungen.
Desweiteren ist unbedingt zu prüfen, dass alle benötigten Geräte vorhanden sind, so dass Schaltvorgänge sicher ausgeführt werden können. Bei Erhalt der Konformitätserklärung (falls erforderlich):
- schaltet das Personal des Netzbetreibers die HS-Geräte ein und prüft den einwandfreien Betrieb der Messgeräte,
- ist der Auftragnehmer der Anlage für die Prüfung und den Anschluss der NS-Anlage verantwortlich.
Ist die Umspannstation betriebsbereit:
- gehören die Umspannstation und sämtliche Geräte dem Kunden,
- hat der Netzbetreiber die betriebliche Kontrolle über alle HS-Schaltgeräte in der Umspannstation, z.B. die zwei Einspeise-Lasttrennschalter und den HS-Schalter des Transformators (oder Leistungsschalter) im Fall einer Ringkabelanlage, zusammen mit allen angeschlossenen HS-Erdungsschaltern,
- hat das Personal des Netzbetreibers uneingeschränkten Zugriff zu den HS-Anlagen und -Betriebsmitteln,
- hat der Kunde unabhängig davon ausschließlich die Kontrolle über den (die) HS-Transformatorschalter (Lasttrennschalter mit Sicherung oder Leistungsschalter) des(r) Transformator(en). Der Kunde ist verantwortlich für die Wartung aller Anlagen und Betriebsmittel der Umspannstation und muss die Trennung vom Netz und Erdung der Schaltgeräte beim Netzbetreiber anfordern, damit Wartungsarbeiten an der HS-Anlage durchgeführt werden können. Der Netzbetreiber muss dem Wartungspersonal des Kunden eine unterzeichnete schriftliche Freigabe ausstellen und die Schlüssel für ggf. verriegelte Trennschalter usw. übergeben.