Betriebliche Aspekte: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 9. August 2017, 14:57 Uhr


Freileitungen

Starke Winde, Eisbildung usw. können dazu führen, dass sich die Leiter von Freileitungen berühren und dadurch ein kurzzeitiger (d.h. kein dauerhafter) Kurzschluss entsteht.

Isolationsfehler durch Bruch der Isolatoren aus Keramik oder Glas infolge von Fremdkörpern in der Luft oder durch mutwillige oder versehentliche Zerstörung durch Schusswaffen usw., aber auch infolge von starker Verschmutzung der Isolatorflächen können einen Kurzschluss gegen Erde bewirken. Viele dieser Fehler erledigen sich von selbst. Bei trockener Witterung ist ein Isolatorbruch beispielsweise kaum zu bemerken, da der Isolator nach wie vor funktionsfähig ist. Bei starkem Regen wird es aber wahrscheinlich zu einem Überschlag gegen Erde (z.B. auf den Metallträger) kommen. Verschmutzte Oberflächen bewirken im Allgemeinen nur bei hoher Feuchtigkeit einen Überschlag gegen Erde.

Dabei entsteht in den meisten Fällen ein Lichtbogen, dessen sehr hohe Temperatur den Strompfad trocknet und die Isolationseigenschaften in gewissem Maße wiederherstellt. In der Zwischenzeit wird der Fehler normalerweise durch das Ansprechen eines Schutzgerätes abgeschaltet worden sein, d.h. im Regelfall wird eine Sicherung oder ein Leistungsschalter ausgelöst haben. Die Erfahrung hat gezeigt, dass bei dieser Art von kurzzeitig auftretenden Isolationsfehlern in den meisten Fällen schon durch Austauschen der Sicherung oder erneutes Schließen des Leistungsschalters die Energieversorgung wiederhergestellt werden kann. Aus diesem Grund war es möglich, die Betriebssicherheit von HS-Energieversorgungsnetzen mit Freileitungen durch den Einsatz von automatischen Wiedereinschaltvorrichtungen für die betreffenden Stromkreise deutlich zu verbessern. Sofern ein erster Wiedereinschaltversuch nicht gelingt, werden nach vorher eingestellten Pausenzeiten (während der die Luft am Fehlerort weiter deionisieren kann) weitere Versuche unternommen. Wenn alle (normalerweise zwei) Versuche fehlschlagen, wird der Leistungsschalter gegen Wiedereinschalten gesperrt.

Die Betriebssicherheit lässt sich ebenso mit Hilfe von fernbetätigten Längstrenn-schaltern und automatisierten Trennschaltern verbessern, die mit automatisch schließenden Leistungsschaltern kombiniert werden.

Die Schaltfolge dieser letztgenannten Variante ist in Abb. B14 beispielhaft dargestellt. Das Prinzip ist dabei folgendes: Wenn der Leistungsschalter nach zwei Schließversuchen auslöst, ist davon auszugehen, dass es sich um einen dauerhaften Fehler handelt. Bei stromloser Speiseleitung öffnet der automatisierte Trennschalter, um einen Strang des Netzes zu trennen, bevor der dritte (und somit letzte) Einschaltversuch erfolgt.

Abb. B14 – Automatische Wiedereinschaltzyklen eines Leistungsschalters in einem HS-Stichnetz

Anschließend gibt es zwei Möglichkeiten:

  • Der Fehler ist auf dem Strang aufgetreten, der vom automatisierten Trennschalter abgeschaltet worden ist, und die Energieversorgung der am restlichen Strang angeschlossenen Verbraucher wird wieder hergestellt oder
  • der Fehler ist in dem Strang aufgetreten, der dem automatisierten Trennschalter vorgelagert ist, so dass der Leistungsschalter auslöst und verriegelt.

Mit Hilfe eines automatisierten Trennschalters lässt sich somit auch bei einem dauerhaften Fehler die Energieversorgung einiger Verbraucher wiederherstellen. Wenngleich die Energieversorgungsqualität von Hochspannungsnetzen mit Freileitungen mit Hilfe dieser Maßnahmen deutlich verbessert werden konnte, muss der Abnehmer ggf. eigene Vorkehrungen treffen, um temporären Versorgungsunterbrechungen (zwischen Wiedereinschaltvorgängen) entgegenzuwirken, z.B. mit:

  • unterbrechungsfreien Stromversorgungen,
  • Leuchtmitteln, die keine Abkühlphase vor dem Wiedereinschalten benötigen („wiederheißzündbar“).

In Erde verlegte Kabelnetze

Bei in Erde verlegten Kabelnetzen treten Fehler manchmal durch nachlässige Arbeit von Kabelverlegefirmen usw. auf, sind aber in den meisten Fällen auf Beschädigung durch Werkzeuge und Maschinen anderer Firmen, wie beispielsweise Spitzhacken, Presslufthämmer, Bagger usw. zurückzuführen.

Isolationsfehler treten mitunter aufgrund von Überspannungen in den Anlagen des Hochspannungs-Verteilnetzes auf, bei denen ein Abzweig von der Freileitung in das in Erde verlegte Kabelnetz erfolgt. Auftretende Überspannungen sind normalerweise atmosphärisch bedingt, wobei durch Reflexion der elektromagnetischen Welle an der Anschlussmuffe (wo sich die Impedanz des Stromkreises abrupt ändert) am jeweiligen Fehlerpunkt eine übermäßige Beanspruchung der Isolierung der Kabelverzweigung auftreten kann. Häufig werden hier Überspannungsschutzgeräte wie beispielsweise Überspannungsableiter errichtet.

In Kabelnetzen treten Fehler seltener auf als in Freileitungsnetzen, führen aber in den meisten Fällen unweigerlich zu dauerhaften Fehlern, deren Ortung und Beseitigung mehr Zeitaufwand erfordert als bei Freileitungen.

Bei Fehlern in einem Ringkabelnetz kann die Versorgung aller Verbraucher schnell wiederhergestellt werden, sobald das fehlerbehaftete Kabel identifiziert worden ist.

Wenn der Fehler allerdings in einem Stichnetz auftritt, kann die Fehlerortung und Beseitigung durchaus mehrere Stunden in Anspruch nehmen, wobei dann alle Verbraucher betroffen sind, die dem Fehlerort nachgelagert sind. Wenn die Versorgungssicherheit aller Komponenten oder eines Teils der Komponenten einer Anlage von zentraler Bedeutung ist, muss eine Ersatzstromversorgung zwingend vorgesehen werden. Beschreibungen von Ersatzstromversorgungen finden Sie in Kapitel E, Abschnitt 1.4.

Fernwirktechnik für Hochspannungsnetze

In manchen Ländern, in denen die Komplexität stark vernetzter Systeme den entsprechenden Aufwand rechtfertigt, geht der Trend zu zentraler Fernwirktechnik auf der Basis von SCADA-Systemen (Supervisory Control and Data Acquisition) und neuesten Entwicklungen in der Informationstechnologie.

Durch den Einsatz von Fernwirktechnik lässt sich bei HS-Speiseleitungen im Fall von Leitungsfehlern eine effektive und schnelle Rekonfiguration des Netzes durchführen. Hierzu werden entlang des Ringes in einigen Umspannstationen motorbetriebene Schaltgeräte mit entsprechenden Fernauslöseeinheiten eingesetzt. Umspannstationen mit Fernwirktechnik lassen sich per Fernwirksignal wieder hochfahren, während bei anderen ein manueller Eingriff vor Ort erforderlich ist.

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