Was ist Blindleistung?: Unterschied zwischen den Versionen
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Wechselstromsysteme liefern zwei Energieformen: | Wechselstromsysteme liefern zwei Energieformen: | ||
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Alle in Wechselstromnetzen betriebenen induktiven (d.h. elektromagnetischen) Maschinen und Geräte wandeln die elektrische Energie in mechanische Leistung und Wärme um. Diese Energie wird mit kWh-Messgeräten gemessen und als „Wirkenergie” bezeichnet. Für die Umwandlung elektrischer Energie müssen in den Maschinen magnetische Felder aufgebaut werden. Diese Felder sind mit einer anderen vom Netz gelieferten Energieform verbunden, die als „Blindenergie” bezeichnet wird. | Alle in Wechselstromnetzen betriebenen induktiven (d. h. elektromagnetischen) Maschinen und Geräte wandeln die elektrische Energie in mechanische Leistung und Wärme um. Diese Energie wird mit kWh-Messgeräten gemessen und als „Wirkenergie” bezeichnet. Für die Umwandlung elektrischer Energie müssen in den Maschinen magnetische Felder aufgebaut werden. Diese Felder sind mit einer anderen vom Netz gelieferten Energieform verbunden, die als „Blindenergie” bezeichnet wird. | ||
Der Grund dafür liegt in der zyklischen Energieaufnahme und -abgabe induktiver Stromkreise aus dem Netz während des Auf- und Abbaus der magnetischen Felder. Diese Aufnahme und Abgabe erfolgt zweimal in jedem Netzfrequenzzyklus. | Der Grund dafür liegt in der zyklischen Energieaufnahme und -abgabe induktiver Stromkreise aus dem Netz während des Auf- und Abbaus der magnetischen Felder. Diese Aufnahme und Abgabe erfolgt zweimal in jedem Netzfrequenzzyklus. | ||
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Alternativ: | Alternativ: |
Aktuelle Version vom 30. März 2022, 10:00 Uhr
Wechselstromsysteme liefern zwei Energieformen:
- „Wirkleistung” wird in Kilowattstunden (kWh) gemessen und wird in andere Energien, wie Wärme, Licht usw. umgewandelt.
- „Blindleistung”, die wiederum in zwei Formen auftritt:
- „Blindleistung”, die von induktiven Verbrauchern (Transformatoren, Motoren usw.) benötigt wird,
- „Blindleistung”, die von kapazitiven Verbrauchern (Leitungskapazitäten, Leistungskondensatoren usw.) geliefert wird.
Alle in Wechselstromnetzen betriebenen induktiven (d. h. elektromagnetischen) Maschinen und Geräte wandeln die elektrische Energie in mechanische Leistung und Wärme um. Diese Energie wird mit kWh-Messgeräten gemessen und als „Wirkenergie” bezeichnet. Für die Umwandlung elektrischer Energie müssen in den Maschinen magnetische Felder aufgebaut werden. Diese Felder sind mit einer anderen vom Netz gelieferten Energieform verbunden, die als „Blindenergie” bezeichnet wird.
Der Grund dafür liegt in der zyklischen Energieaufnahme und -abgabe induktiver Stromkreise aus dem Netz während des Auf- und Abbaus der magnetischen Felder. Diese Aufnahme und Abgabe erfolgt zweimal in jedem Netzfrequenzzyklus.
Leistungsvektordiagramm
- Wirkleistung P (in kW)
- Einphasig (1 Phase und Neutralleiter): P = U0 x I x cos φ
- Einphasig (Phase/Phase): P = U x I x cos φ
- Dreiphasig (3-Leiter oder 3-Leiter + Neutralleiter): P = [math]\displaystyle{ \sqrt{3} }[/math] x U x I x cos φ
- Blindleistung Q (in kvar)
- Einphasig (1 Phase und Neutralleiter): Q = U0 x I x sin φ
- Einphasig (Phase/Phase): Q = U x I x sin φ
- Dreiphasig (3-Leiter oder 3-Leiter + Neutralleiter): Q = [math]\displaystyle{ \sqrt{3} }[/math] x U x I x sin φ
- Scheinleistung S (in kVA)
- Einphasig (1 Phase und Neutralleiter): S = U0 x I
- Einphasig (Phase/Phase): S = U x I
- Dreiphasig (3-Leiter oder 3-Leiter + Neutralleiter): S = [math]\displaystyle{ \sqrt{3} }[/math] x U x I,
- wobei gilt:
- U0 = Strangspannung zwischen Phase und Neutralleiter
U = Außenleiterspannung zwischen den Phasen
I = Außenleiterstrom
φ = Phasenwinkel zwischen Vektor U0 und I.- Für symmetrische und annähernd symmetrische Lasten in 4-Leiter-Netzen.
Definition der Leistung über das Leistungsdiagramm
Das Leistungsvektordiagramm wird wie folgt direkt aus dem rechtsdrehenden Strom- und Spannungsvektordiagramm abgeleitet:
Die Netzspannungen werden als Referenzgrößen verwendet. Es wird bei einer angenommenen symmetrischen dreiphasigen Belastung nur eine Phase betrachtet.
Die Strangspannung (U0) fällt mit der horizontalen Achse zusammen, und der Strom (I) dieser Phase eilt in praktisch allen Netzlasten der Spannung um den Winkel φ nach.
Die mit U0 phasengleiche Komponente von I ist die Wirkkomponente von I und entspricht I x cos φ. U0 x I x cos φ entspricht der Wirkleistung (in kW) des Stromkreises, wobei U0 in kV angegeben wird.
Die U0 um 90° nacheilende Komponente von I ist die Blindkomponente von I und entspricht I x sin φ, während U0 x I x sin φ der Blindleistung (in kvar) des Stromkreises entspricht, wobei U0 in kV angegeben wird.
Wird der Vektor I mit U0 (in kV) multipliziert, entspricht U0 x I der Scheinleistung (in kVA) des Stromkreises.
Man erhält folgende einfache Formel: S2 = P2 + Q2
Werden die vorstehenden kW-, kvar- und kVA-Werte pro Phase mit 3 multipliziert, erhält man eine Darstellung der Beziehung zwischen kVA, kW und kvar und dem Leistungsfaktor für eine gesamte dreiphasige Last (siehe Abb. L2).
Beispiel für Leistungsberechnungen
(siehe Abb. L3)
Stromkreisausführung | Scheinleistung S (kVA) |
Wirkleistung P (kW) |
Blindleistung Q (kvar) | |
---|---|---|---|---|
Einphasig (Phase und Neutralleiter) | S = U0 x I | P = U0 x I x cos φ | Q = U0 x I x sin φ | |
Einphasig (Phase/Phase) | S = U x I | P = U x I x cos φ | Q = U x I x sin φ | |
Beispiel | 5 kW Last | 10 kVA | 5 kW | 8,7 kvar |
cos φ = 0.5 | ||||
Dreiphasig 3-Leiter oder 3-Leiter + Neutralleiter |
S = [math]\displaystyle{ \sqrt 3 }[/math] x U x I | P = [math]\displaystyle{ \sqrt 3 }[/math] x U x I x cos φ | Q = [math]\displaystyle{ \sqrt 3 }[/math] x U x I x sin φ | |
Beispiel | Motor Pn = 51 kW | 65 kVA | 56 kW | 33 kvar |
cos φ= 0,86 | ||||
ρ = 0,91 (Wirkungsgrad Motor) |
Folgende Berechnungen sind für das oben angeführte dreiphasige Beispiel durchzuführen:
Pn = gelieferte Wellenleistung = 51 kW
P = verbrauchte Wirkleistung
[math]\displaystyle{ P=\frac {Pn}{\rho}=\frac{51}{0,91}=56\, kW }[/math]
S = Scheinleistung
[math]\displaystyle{ S=\frac{P}{cos \varphi}=\frac {56}{0,86}= 65\, kVA }[/math]
Somit erhält man mit Hilfe der Abbildung L3a oder eines Taschenrechners für einen cos φ von 0,86 den Wert von tan φ von 0,59.
Q = P x tan φ = 56 x 0,59 = 33 kvar (siehe Abbildung L17).
Alternativ:
[math]\displaystyle{ Q=\sqrt{S^2 - P^2}=\sqrt{65^2 - 56^2}=33\, kvar }[/math]