Energieeffizienz in elektrischen Anlagen IEC 60364-8-1 (VDE0100-801)
In Zusammenhang mit den internationalen Regelungen zur Energieeffizienz wurde die Norm IEC 60364-8-1 (VDE 0100-801 „Niederspannungsanlagen – Energieeffizienz“) speziell für Elektroinstallationen entwickelt.
Die Norm bietet Anforderungen und Empfehlungen für die Planung von Elektroinstallationen im Hinblick auf die Energieeffizienz. Damit wird betont, wie wichtig Energieeffizienz bei der Planung von Elektroinstallationen ist, ebenso wie es auch Sicherheits- und Errichtungs-Normen sind.
In der Fertigungsindustrie kann Energieeffizienz einfach durch die Menge an Energie (kWh) definiert werden, die nötig ist, um ein Produkt herzustellen. Bei Elektroinstallationen in Gebäuden bedeutet Energieeffizienz insbesondere eine systematische Herangehensweise, deren Ziel es ist, die Nutzung von Elektrizität zu optimieren. Dazu gehören:
- Minimierung von Energieverlusten
- Nutzung von Elektrizität zum richtigen Zeitpunkt und zu niedrigeren Kosten
- Aufrechterhaltung der optimalen Leistung über den gesamten Lebenszyklus der Anlage
Folgende Punkte sind bei der Umsetzung der Energieeffizienz in einer Elektroinstallation zu beachten:
- Anforderungen an Personen- und Sachschutz dürfen nicht entgegenstehen, (wie in den weiteren Teilen der IEC 60364ff - VDE 0100ff - gefordert)
- Es darf keine Verschlechterung der elektrischen Energieverfügbarkeit geben
- Gilt sowohl für neue als auch bestehende Anlagen
- Kann jederzeit implementiert werden, wobei der einzige Punkt, der zu berücksichtigen ist, der Investitionsrhythmus ist
- Um die Anlage schrittweise Optimieren zu können, ist eine iterative Herangehensweise zu wählen. Die Anlagenrendite ist der Entscheidungsfaktor für die Umsetzung neuer, für die Energieeffizienz bestimmter Geräte.
Die Norm bietet technische Anleitungen zu den Planungsleitsätzen, unter Berücksichtigung folgender Aspekte:
- Optimaler Standort der MS-/NS-Netzstation durch Anwendung des Barycentre Verfahrens (siehe auch Kapitel D dieses Planungskompendiums, im Abschnitt Energieeffizienz)
- Reduzierung der Leitungsverluste / des Spannungsfalls durch Erhöhung des Kabelquerschnitts und Umsetzung einer Blindleistungskompensation und / oder einer Oberschwingungsfilterung, soweit praktisch erforderlich und wirtschaftlich sinnvoll.
- Bestimmung von Zonen und Maschen in den Bereichen, die ähnliche Energieanforderungen haben, um durch Regelungen noch energieeffizienter genutzt werden zu können.
- Lastmanagementtechniken, zur Reduzierung von Lastspitzen
- Einbau von Steuerungs- und Überwachungsgeräten , zur optimalen Nutzung der Energie
Was ist neu in der Ausgabe 2020 der Norm?
Energieeffizienzklassen
Ziel der Norm IEC 60364-8-1 :2019 (VDE0100-801) 2020-10 ist es, ähnlich der gängigen Einstufung von Konsumgütern, die Effizienzklassen für die Elektroinstallation eines Gebäudes anhand ihres Wirkungsgrades zu definieren.
Der Standard definiert 6 Klassen, von EE0 bis EE5.
- EE0 wird für Gebäude mit dem schlechtesten Wirkungsgrad angegeben
- EE5 wird für das Beste gegeben.
Die Einstufung hängt vom Gebäudetyp ab: Bei einer gegebenen Gesamtpunktzahl unterscheidet sich die Energieeffizienzklasse, ob das Gebäude zu Wohn-, Industrie-, Gewerbe- oder Infrastrukturzwecken genutzt wird.
Eine normative Methodik zur Bewertung der Energieeffizienzklassen eines Gebäudes
Die Norm nennt 23 zu bewertende Parameter, darunter 5 Kategorien möglicher Verbesserungen der Energieeffizienz.
- Kategorie (II): Erstinstallation
- Kategorie (EM): Energiemanagement
- Kategorie (MA): Erhaltung der Leistungsfähigkeit
- Kategorie (PM): Leistungsüberwachung
- Kategorie (BS): Bonus
Jeder bewertete Parameter erhält Punkte gemäß einem eigenen Bewertungsraster..
Energieeffizienz- und Lastmanagement
Im gesamten IEC 60364-8-1-Dokument werden bewährte Verfahren zur Verbesserung der Energieeffizienz elektrischer Anlagen vorgestellt.
Die Bewertung der Energieeffizienzklasse anhand des Inhalts von Anhang B hilft auch zu verstehen, welche energieeffizienzrelevanten Parameter zuerst verbessert werden sollten und welche Maßnahmen ergriffen werden können, um die Klasse dieser Parameter zu verbessern. Siehe auch Abb. K11, das den iterativen Prozess für das elektrische Energieeffizienzmanagement darstellt, wie in IEC 60364-8-1 beschrieben.
Abbildung K10 der IEC 60364-8-1, (VDE 0100-801:2020-10) veranschaulicht, wie das elektrische Energiemanagementsystem in der Anlage umgesetzt werden kann:
Hier ist anzumerken, dass das Ziel der Energieeffizienz nicht nur in der Energieeinsparung liegt. Bei der Umsetzung der Energieeffizienz müssen der gleiche Service- und Sicherheitsstand sowie das Leistungsvermögen aufrechterhalten werden, während gleichzeitig heute und morgen Energie und Kosten eingespart werden müssen.
Schritt 1 = Bedienerseitige Eingaben sind zu berücksichtigen, wie z. B. der Sollwert für die Gebäudetemperatur
Schritt 2 = Alle Energiequellen sind auf Grundlage der Verfügbarkeit und der realen Energiepreise berücksichtigt
Schritt 3 = Eingaben von umweltbezogenen Daten werden berücksichtigt, um falsche Entscheidungen, wie z. B. das Licht am Tag einzuschalten, zu vermeiden
Schritt 4 = Lasteingaben werden extrahiert, da sie der Schlüssel zur Prüfung der Genauigkeit des Lastprofils sind
Schritt 5 = Der Bediener bekommt detaillierte Informationen über den Energieverbrauch
Schritt 6 = Entscheidungen in Zusammenhang mit Lasten werden getroffen, wie z. B. Lastabwurf
Schritt 7 = Entscheidungen in Zusammenhang mit Energiequellen werden getroffen, um dem Bediener Service zu niedrigsten Kosten zu bieten
Praktische Überlegungen zur Energieeffizienz - Aktive und passive Energieeffizienz
Obwohl es aktuell möglich ist, Energieeinsparungen von bis zu 30 % zu erreichen, kann dieses Einsparpotential nur in Bezug auf die Unterschiede zwischen aktiven und passiven Formen der Energieeffizienz erklärt werden.
Passive Energieeffizienz wird beispielswiese durch Maßnahmen zur Reduzierung von Wärmeverlusten und durch den Einsatz von energieeffizienter (verlustarmer) Ausrüstung erreicht.
Aktive Energieeffizienz wird durch eine Infrastruktur zur Messung, Überwachung und Steuerung des Energieverbrauchs mit dem Ziel nachhaltiger Verbesserungen erreicht (siehe Abb. K11).
Durch die Umsetzung einer passiven Energieeffizienz können leicht Einsparungen von 5 % bis 15 % erreicht werden. Zu den typischen Maßnahmen gehören die Abschaltung redundanter Systeme, sofern es die Betriebssicherheit erlaubt, die Verwendung von Hochleistungsmotoren und der Einsatz Energieeffizienter Leuchtmittel. Durch die Umsetzung aktiver Energieeffizienzmaßnahmen können sogar noch höhere Einsparungen erreicht werden. Typisch:
- Bis zu 40 % an Energie für Motoren durch Nutzung von Frequenzumrichtern, um Antriebe geregelt hochzufahren und im optimalen Arbeitspunkt zu betreiben.
- Bis zu 30 % bei Beleuchtung durch die Einführung einer automatisierten Beleuchtungssteuerung auf Basis der optimalen Nutzung
Die aktive Energieeffizienz setzt keine bereits installierten, hochenergieeffizienten Geräte und Systeme voraus, da der Ansatz auf alle Arten von Geräten angewendet werden kann. Ein gutes Management ist ausschlaggebend für eine maximale Effizienz. Energiesparende LED Beleuchtung macht keinen Sinn, wenn sie in leeren Räumen permanent leuchtet und Energie verschwendet!
Es muss allerdings beachtet werden, dass diese Einsparungen aufgrund folgender Faktoren verloren gehen können:
- Ungeplante Ausfallzeiten, die Systeme und Prozesse beeinflussen
- Fehlende Automatisierungs-/Anpassungsmöglichkeiten (Motoren, Heizung)
- Nichtdurchsetzung von Energiesparmaßnahmen zu allen Zeiten
Wird das elektrische Netz des Betreibers aufgrund der eingeschlossenen Aktivitäten zudem regelmäßigen Änderungen unterzogen, sollten diese Änderungen außerdem eine Suche nach sofortigen, wesentlichen Optimierungsmaßnahmen einleiten.
Bei Ansätzen zur Energieeffizienz müssen auch andere Parameter (Temperatur, Licht, Druck etc.) berücksichtigt werden, da die von einem Gerät verbrauchte Energie die dabei erzeugte Nutzenergie auch überschreiten kann. Dabei geht man davon aus, dass Energie ohne Verluste umgewandelt wird. Ein Beispiel hierfür ist ein Motor, der die verbrauchte Energie in Wärme und mechanische Energie umwandelt.